OFD Frankfurt, Verfügung v. 19.7.2006, S 1301 A - 55 - St 58

Bezug: OFD-Rundverfügung vom 13.4.2006, S 1301 A – 55 – St III 1a (Kartei DBA AStG S 1301 DBA Allgemeines Rückfallklauseln, Karte 1)
 

A. Problemstellung

Die sog. Freistellungsmethode (Art. 23 A OECD-Musterabkommen) vermeidet die Doppelbesteuerung in der Weise, dass der Ansässigkeitsstaat die Einkünfte, für die der andere Staat (Quellenstaat) ein Besteuerungsrecht hat, aus der Bemessungsgrundlage ausnimmt. Dies gilt auch dann, wenn der Quellenstaat von seinem Besteuerungsrecht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keinen Gebrauch macht, so dass es auch zu einer doppelten Nichtbesteuerung kommen kann (Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung). Es besteht in solchen Fällen lediglich die Möglichkeit, den anderen Staat durch eine Spontanauskunft auf die Einkünfte hinzuweisen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem anderen Staat diese Einkünfte nicht bekannt sind.

 

B. Regelungen in den DBA

1. Um diese sogenannten weißen Einkünfte zu vermieden, ist in einigen Abkommen geregelt, dass Einkünfte für Zwecke der Anwendung des DBA nur dann als aus dem anderen Vertragsstaat stammend gelten, wenn sie dort besteuert werden. Ist dies nicht der Fall, fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland als den Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen zurück; die Einkünfte werden dann nicht von der deutschen Steuer freigestellt. Derartige Regelungen (Rückfallklauseln) sind gegenwärtig in folgenden Abkommen enthalten:

Art. 24 Abs. 3 DBA Dänemark 1995 anzuwenden ab 1997,
Abs. 16d des Schlussprotokolls zum DBA Italien 1989 anzuwenden ab 1993,
Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 anzuwenden ab 1983,
Art. 23 Abs. 3 DBA Neuseeland 1978 anzuwenden ab 1978,
Art. 23 Abs. 3 DBA Norwegen 1991 anzuwenden ab 1991,
Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000 anzuwenden ab 2003,
Art. 23 Abs. 1 letzter Satz DBA Schweden 1992 anzuwenden ab 1995,
Art. 23 Abs. 2 letzter Satz DBA USA 1989 anzuwenden ab 1990.

Sie waren als subject-to-tax-Klauseln auszulegen (BFH vom 11.6. 1996, BStBl 1997 II S. 117; offen gelassen in BFH-Urteil vom 27.8.1997, BStBl 1998 I S. 58).

2. Neben diesen meist allgemeinen Klauseln enthalten einige DBA Regelungen, die (nur für bestimmt Einkunftsquellen) das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wieder aufleben lassen, wenn der Quellenstaat nach seinem innerstaatlichen Recht das ihm nach dem DBA zustehende Besteuerungsrecht nicht wahrnimmt:

  • Art. XVIII Abs. 2 Buchst, a DBA Großbritannien 1964/70 für Einkünfte aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens,
  • Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA Luxemburg 1958/73 für Einkünfte aus dem Betrieb oder aus Diensten an Bord von Schiffen oder Luftfahrzeugen,
  • Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA Niederlande 1959/2004 für Einkünfte aus dem Betrieb oder aus Diensten an Bord von Schiffen oder Luftfahrzeugen,
  • Art. 15 Abs. 4 Satz 2 DBA Schweiz 1971/78/89/92/02 für Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit leitender Angestellter.
 

C. Wirkung als Rückfallklausel

Die unter B. genannten Regelungen sind nur noch in Einzelfällen als Rückfallklauseln (subject-to-tax Klausel zu Gunsten des Ansässigkeitsstaates) anzusehen, mit der Wirkung, dass das Besteuerungsrecht an den Ansässigkeitsstaat zurückfällt.

Nach dem Urteil des BFH vom 17.12.2003 (BStBl 2004 II S. 260) liegen Rückfallklauseln nur noch vor im Verhältnis zu:

Bei diesen Regelungen greifen die Gründe des o.g. BFH-Urteils nicht (z.B. mangels einer solchen allgemeinen Klausel und den sich daraus ergebenden Konkurrenzproblemen oder aufgrund anderer Formulierungen wie z.B. „… effektiv besteuert …” im Protokoll zum DBA Italien).

Alle anderen Formulierungen (wie die allgemeinen Quellenregeln im DBA USA, Dänemark, Neuseeland, Norwegen und Schweden) sind nach dem o.g. Urteil nicht mehr als Rückfallklauseln anzusehen. Sie entfalten daher keine Wirkung.

Sofern noch eine Rückfallklausel anzunehmen ist, sind Einkünfte aus dem entsprechenden Staat, die nach den Regelungen dieses DBA in Deutschland grundsätzlich freizustellen wären, im anderen Staat tatsächlich aber nicht besteuert werden, nicht von der deutschen Besteuerung freizustellen.

Auf den Grund für die Nichtbesteuerung im anderen Staat kommt es dabei nicht an, d.h.: die Rückfallklauseln erfassen sowohl die Fälle, in denen der andere Staat nach seinem nationalen Steuerrecht die Einkünfte nicht oder nicht in vollem Umfang besteuern kann, als auch die Fälle, in denen der andere Staat die Einkünfte – rechtsirrtümlich oder in Unkenntnis ihres Vorhandenseins – steuerfrei lässt, obwohl er sie nach seinem nationalen Recht...

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