Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Grundsätzlich wird der Erzeuger auch bei dezentraler Stromerzeugung Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht Strom erzeugt. Die Lieferung von Strom führt auch zu einem steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, der keiner Steuerbefreiung im Inland unterliegt. Damit wäre E grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus dem BHKW berechtigt.
Zuordnungsfristen bei gemischt genutzten Gegenständen beachten
Das BHKW wird aber nicht ausschließlich zur Erzeugung und Einspeisung von Strom verwendet, sondern auch zum dezentralen Verbrauch von Strom und der Beheizung des nichtunternehmerisch genutzten Einfamilienhauses. Die Entnahme von Strom und von Wärme für private Zwecke führt zu einer unentgeltlichen Wertabgabe, die der Umsatzsteuer unterliegt. Da die unentgeltliche Wertabgabe als private Nutzung gilt, ist das BHKW nicht zwingend dem Unternehmen zuzuordnen. Der Eigentümer kann diese Anlage dem Unternehmen ganz, gar nicht oder teilweise zuordnen. Die im Regelfall gewünschte vollständige Zuordnung zum Unternehmen muss bis zum Ende der gesetzlichen Abgabefrist für Jahressteuererklärungen durch nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte dokumentiert werden. Eine innerhalb dieser Frist erfolgte Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung ist nicht (mehr) notwendig.
Ein Unternehmer kann aus zukünftigen Leistungsbezügen einen Vorsteuerabzug aus Anzahlungen geltend machen, wenn ihm eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt und soweit er die Anzahlung entrichtet hat.
Damit wäre E eigentlich im Juni 2023 zum Vorsteuerabzug aus der nachweislich entrichteten Anzahlung i. H. v. 9.500 EUR berechtigt.
Allerdings könnte im konkreten Fall die Frage gestellt werden, ob E tatsächlich Unternehmereigenschaft erwerben konnte, da das versprochene BHKW offensichtlich in der gewünschten technischen Ausstattung gar nicht lieferbar gewesen wäre. Etwas einfach ausgedrückt könnte festgestellt werden, dass aus einem gar nicht lieferbaren BHKW auch kein Strom produziert und verkauft werden könnte und somit keine Leistungen am Markt ausgeführt werden könnten. Im Ergebnis muss es aber auf die Absicht ankommen, da auch die ernsthafte Absicht, unternehmerisch tätig werden zu wollen, ausreichend für die Unternehmereigenschaft ist.
In einem vergleichbaren Fall war der BFH offensichtlich auch zu der Erkenntnis gekommen, dass der Vorsteuerabzug zumindest nicht an der Unternehmereigenschaft scheitert.
Es könnte weiterhin zweifelhaft sein, ob die Anzahlung im Rahmen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen ist. Grundsätzlich ist der Vorsteuerabzug danach zu korrigieren, wenn für eine vereinbarte Lieferung ein Entgelt entrichtet wurde, die Lieferung jedoch nicht ausgeführt worden ist. Der BFH war aber bisher national davon ausgegangen, dass die Berichtigung nur dann und insoweit vorzunehmen ist, wie die Anzahlung auch wieder zurückgezahlt worden ist. Da es fraglich war, ob diese Sichtweise auch unionsrechtlich haltbar ist, hatte der BFH den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Der EuGH hat aber festgestellt, dass in den Fällen, in denen der potenzielle Leistungsempfänger im Moment der Anzahlung nicht wusste und nicht wissen konnte, dass die Leistung ihm gegenüber nicht erbracht werden soll und er somit nicht in betrügerische Handlungen selbst involviert ist, der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung grundsätzlich geltend gemacht werden kann.
Kein Vorsteuerabzug bei Kenntnis der Nichtlieferung
Der Erwerber hat aber keinen Vorsteuerabzug, wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass er zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er die Leistung nicht erhalten wird.
Auch stehen die unionsrechtlichen Vorgaben nationalen Vorschriften nicht entgegen, die eine Berichtigung von Vorsteuerabzügen verlangen und eine solche Berichtigung von der Rückzahlung der Anzahlung abhängig machen. Damit steht E der Vorsteuerabzug zu, da er berechtigterweise von der Lieferung ihm gegenüber ausgehen konnte und die (verlorene) Anzahlung nicht wieder zurückgeflossen ist.
Unentgeltliche Wertabgabe bei Entnahme von Strom und Wärme
Wenn das BHKW in Betrieb genommen werden würde und E für den privaten Bedarf Strom und Wärme aus dem Unternehmen entnehmen würde, müsste dies als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterworfen werden. Die Bemessungsgrundlage ergibt sich dann nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den (vergleichbaren) Wiederbeschaffungskosten bzw. nach den Selbstkosten. Soweit anteilige Selbstkosten (z. B. für die Wärmeabgabe) zu ermitteln sind, müssten die Selbstkosten im Verhältnis von Marktwerten erfolgen (nicht im Rahmen einer energetischen Aufteilung).