Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
4.1 Aufgliederung der offenen Rücklagen
Rz. 33
Nach IASB-Framework (2018) 4.63 ff. kann das Eigenkapital, eigentlich als Restgröße definiert, unterteilt werden in Gesellschafterbeiträge, Gewinnrücklagen (vor oder nach Verwendung) und Kapitalerhaltungsrücklagen. Des Weiteren können nach IASB-Framework (2018) 4.66 andere (steuerliche) Rücklagen gebildet werden, wenn das nationale Steuerrecht bei einem Übertrag auf solche Rücklagen Befreiungen von der Besteuerung oder Steuervergünstigungen gewährt.
Sofern das gezeichnete Kapital und die Rücklagen nicht in der Bilanz in verschiedene Gruppen gegliedert sind, müssen diese Informationen im Anhang angegeben werden (IAS 1.75e). Rücklagen, die den Anteilseignern der Muttergesellschaft zuzuordnen sind, sind in der Bilanz auszuweisen (IAS 1.68p).
4.2 Einstellungen und Entnahmen
Rz. 34
Wie vorstehend ausgeführt, kann das Eigenkapital gemäß IASB-Rahmenkonzept (2018) 4.65 unterteilt werden in Gesellschafterbeiträge, Gewinnrücklagen, Kapitalerhaltungsrücklagen. Ergänzend bestimmt hierzu IASB-Rahmenkonzept (2018) 4.66 zur Dotierung der Rücklagen: "Die Dotierung von Rücklagen ist manchmal durch die gesellschaftsrechtlichen Statuten oder andere Gesetze vorgeschrieben, damit das Unternehmen und seine Gläubiger in einem höheren Maß vor den Auswirkungen von Verlusten geschützt sind. Andere Rücklagen können gebildet werden, wenn das nationale Steuerrecht bei einem Übertrag auf solche Rücklagen Befreiungen von der Besteuerung oder Steuervergünstigungen gewährt. Existenz und Höhe dieser gesetzlichen, statutarischen oder steuerlichen Rücklagen können für die Adressaten und deren wirtschaftliche Entscheidungen relevant sein. Zuführungen zu solchen Rücklagen sind als Verwendung von Gewinnrücklagen, nicht aber als Aufwendungen anzusehen."
Einen Verlängerungsrechnung zur GuV, wie sie das HGB für die AG, die KGaA und die SE vorsieht, ist nach den IFRS nicht erforderlich.
4.3 Besonderheit: Neubewertungsrücklage
Rz. 35
Ein Unternehmen kann für die Bewertung von Sachanlagen entweder das Anschaffungskostenmodell oder das Neubewertungsmodell anwenden, muss die ausgewählte Methode aber auf die gesamte Gruppe von Sachanlagen anwenden (IAS 16.23–42).
Wird das Neubewertungsmodell gewählt, ist die Wertsteigerung aus der Erhöhung des Buchwertes direkt in das Eigenkapital unter der Position Neubewertungsrücklage einzustellen (IAS 16.39 für Sachanlagen, IAS 38.85 für immaterielle Vermögenswerte). Der Wertzuwachs wird in dem Umfang erfolgswirksam erfasst, in dem er eine in der Vergangenheit erfolgswirksam erfasste Abwertung desselben Vermögenswertes aufgrund einer Neubewertung rückgängig macht.
4.4 Besonderheit: Währungsumrechnungsrücklage
Rz. 36
Gewinne oder Verluste aus in Fremdwährung bewerteten nicht monetären Posten können direkt im Eigenkapital – als Währungsumrechnungsrücklage – oder im Ergebnis erfasst werden (IAS 21.30).
4.5 Behandlung eigener Anteile
Rz. 37
Nach IAS 32.33 sind eigene Anteile vom Eigenkapital abzuziehen. Eigene Anteile können vom Unternehmen selbst oder von anderen Konzernunternehmen erworben und gehalten werden; der Kauf, Verkauf, die Ausgabe oder Einrichtung werden nicht erfolgswirksam erfasst; alle gezahlten oder erhaltenen Gegenleistungen sind direkt im Eigenkapital zu erfassen.
4.6 Stille Rücklagen (Reserven)
Rz. 38
Nach den IFRS – konkret IAS 1.15 – sind die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen, und da diese Generalnorm Vorrang gegenüber den Einzelnormen hat, haben stille Rücklagen nach IFRS wenig Platz. So hat auch das Vorsichtsprinzip – wenn auch noch aus IAS 37 ablesbar, zumindest keine Verankerung in dem IASB-Rahmenkonzept (2018). Gleichwohl gibt es auch im IFRS-Abschluss Ungewissheiten, z. B. bei Abschätzung der Wahrscheinlichkeit, zweifelhafte Forderungen einzutreiben, oder der voraussichtlichen Nutzungsdauer von technischen Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie der Zahl von Garantieansprüchen, die auftreten können, was Einschätzungsspielräume für die Bilanzierenden lässt. Allerdings gestatten die IFRS nicht, bewusst stille Reserven zu legen oder Rückstellungen überzubewerten, den bewusst zu niedrigen Ansatz von Vermögenswerten oder Erträgen oder den bewusst zu hohen Ansatz von Schulden oder Aufwendungen, da der Abschluss dann nicht neutral wäre und deshalb das Kriterium der Verlässlichkeit nicht erfüllen würde.