Wie oben dargestellt, wird Altersteilzeit-Mitarbeitern oftmals die Zahlung einer Abfindung wegen der zu erwartenden Rentenkürzung aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente gewährt (sog. Nachteilsausgleich). Der BFH lehnt eine Rückstellung für den Nachteilsausgleich ab.[1]

Die Ausgleichsverpflichtung des Arbeitgebers entstehe, so der BFH, erst mit dem tatsächlichen Eintritt der Rentenkürzung am Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Nach Meinung des BFH ist der tatsächliche Eintritt einer Rentenkürzung ein wirtschaftlich wesentliches Tatbestandsmerkmal. Da dieses bis zum Ende des Altersteilzeitzeitraums nicht verwirklicht wird, ist der Nachteilsausgleich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses weder rechtlich entstanden, noch wirtschaftlich verursacht. Infolgedessen ist nach Auffassung des BFH die wirtschaftliche Verursachung im Altersteilzeitzeitraum nicht verwirklicht. Demzufolge kann in diesem Zeitraum keine Verbindlichkeitsrückstellung gebildet werden. Die Entscheidung wurde vielfach kritisiert.[2] Die Entscheidung des BFH steht im Widerspruch zur damaligen Fassung der Rn. 15 des BMF-Schreibens v. 28.3.2007, wonach für den Nachteilsausgleich eine ratierlich anzusammelnde Rückstellung gebildet werden kann. Die Finanzverwaltung hat daher in einem weiteren BMF-Schreiben v. 22.10.2018 die Rn. 15 neu gefasst.[3] Die Neufassung von Rn. 15 unterscheidet zwischen solchen Nachteilsausgleichsverpflichtungen, die den Eintritt eines bestimmten Ereignisses voraussetzen und solchen, die nicht vom Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig sind:

  • Für Erstere dürfen keine Rückstellungen passiviert werden, auch dann nicht, wenn am Bilanzstichtag der Eintritt des Ereignisses wahrscheinlich ist. Als Beispiel hierfür werden mit Bezug auf das BFH-Urteil vom 27.9.2017[4] die Nachteilsausgleichsansprüche aufgrund einer Minderung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung genannt.
  • Hinsichtlich der Nachteilsausgleichsverpflichtungen, die nicht vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig sind, lässt die Finanzverwaltung weiterhin eine ratierliche Ansammlung der Rückstellung zu: "Verpflichtet sich der Arbeitgeber, in der Freistellungsphase oder nach dem Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses einen zusätzlichen Ausgleichsbetrag zu zahlen (sog. Nachteilsausgleich, z. B. für finanzielle Nachteile im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung der beruflichen Tätigkeit), ist es nicht zu beanstanden, diese Verpflichtung erstmals am Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die Beschäftigungsphase beginnt, mit dem versicherungsmathematischen Barwert nach § 6 EStG unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5,5 % zurückzustellen und bis zum Ende der Beschäftigungsphase ratierlich anzusammeln."[5]

Die Neufassung von Rn. 15 ist erstmals bei Altersteilzeitarbeitsverhältnissen anzuwenden, die nach dem Tag der Veröffentlichung des BMF-Schreibens im Bundessteuerblatt beginnen. Die auf Basis der früheren Rn. 15 passivierten Rückstellungen können planmäßig bis zur Auszahlung oder dem Wegfall des Nachteilsausgleichs weitergeführt werden.

[2] Vgl. z. B. Prinz: Rückstellungen: aktuelles Praxis-Knowhow, WPg 2018, 1152 ff.
[5] BMF, Schreiben v. 22.10.2018, IV C 6.

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