Leitsatz
1. Hat die zuständige Behörde von einer Schadstoffbelastung und einer dadurch bedingten Sicherungs- und Sanierungsbedürftigkeit eines Grundstücks Kenntnis erlangt, muss der Zustands- oder Handlungsstörer im Regelfall ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme aus der ihn treffenden Sanierungsverpflichtung rechnen (Fortführung der BFH-Urteile in BStBl II 1993, 891; in BFH/NV 2002, 486).
2. Eine wegen der Schadstoffbelastung erfolgte Teilwertberichtigung eines Grundstücks hindert nicht die Bewertung einer bestehenden Sanierungsverpflichtung mit dem Erfüllungsbetrag. Dieser ist allerdings um den bei der Erfüllung der Verpflichtung anfallenden und als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivierenden Aufwand zu mindern (BFH, Urteil in BFH-PR 2001, 337, BStBl II 2003, 121).
Normenkette
§ 5 Abs. 1 EStG , § 6 Abs. 1 EStG , § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB , § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB , § 254 HGB , § 266 Abs. 3 HGB , § 279 Abs. 1 und 2 HGB , § 280 Abs. 1 und 2 HGB
Sachverhalt
Streitig war die Passivierung einer Verpflichtung zur Sicherung und Sanierung eines schadstoffbelasteten Grundstücks.
Die Klägerin, eine GmbH, befasste sich mit der Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken. Am 17.11.1989 erwarb sie ein Betriebsgelände von einer ehemaligen Düngemittelfabrik (D). Diese hatte bereits im Jahr 1988 anlässlich einer damals geplanten Veräußerung dieses Grundstücks wegen Altlastenverdachts Voruntersuchungen durch den Gutachter W anstellen lassen, die Hinweise auf eine Verunreinigung des Untergrundes u.a. durch Kohlenwasserstoffe ergaben.
Dieses Ergebnis wurde Vertretern des zuständigen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft in einer Besprechung vom 29.8.1988 vorgestellt. Sie forderten eine Klärung der Grundwassersituation und eine Erkundung von Bodenverunreinigungen. Im Oktober 1988 erfolgte eine Erfassung von Altlastenverdachtsflächen auf dem Grundstück, bei der "mit größter Wahrscheinlichkeit eine Standortkontamination" festgestellt wurde.
Dieser Situation trugen die D und die Klägerin im Kaufvertrag über das Grundstück vom 17.11.1989 Rechnung, indem sie unter der Überschrift "Abriss- und Entsorgungsmaßnahmen" u.a. sinngemäß vereinbarten: "Ziel ist das Erlangen einer behördlichen Erklärung, wonach einer weiteren industriellen Nutzung des Grundstücks nichts mehr im Weg steht. D verpflichtet sich, die eventuell notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und eine entsprechende Erklärung der zuständigen Behörde zu erwirken."
Ein nachfolgend von der Klägerin in Auftrag gegebenes Gutachten ergab aufgrund der festgestellten Konzentration an Schadstoffen für einen Teil des Grundstücks einen Sicherungs- und Sanierungsbedarf für den Boden und das Grundwasser. Dieses Gutachten wurde im Rahmen einer weiteren Besprechung vom 25.10.1990 wiederum Vertretern der zuständigen Behörden bekannt gegeben. Unter den Besprechungsteilnehmern bestand Einvernehmen darin, dass Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen notwendig seien; sie sollten im Hinblick auf die künftige Nutzung des Grundstücks und, da die Kontaminationen die Grundstücksgrenzen überschritten, in Abstimmung mit dem Eigentümer des Nachbargeländes erfolgen.
Mit Kaufvertrag vom 27.9.1991 veräußerte die Klägerin den Südteil des erworbenen Geländes an die Firma E (wobei die D ihre anteilige Sanierungsverpflichtung durch eine Ausgleichszahlung ablöste) sowie weitere Grundstücksteile an Dritte.
Am 18.11.1991 erstellte der Gutachter ein abschließendes Gutachten für den der Klägerin verbliebenen Teil des Grundstücks, in dem starke Kontaminationen mit Schadstoffen festgestellt wurden. Bis zur erforderlichen Sanierung, die weitere Untersuchungen voraussetze, sei das Grundstück zu sichern. Die Kosten wurden "nach dem derzeitigen Kenntnisstand vorläufig" auf 20,8 Mio. DM geschätzt.
Schließlich vereinbarten D und die Klägerin am 22.12.1992, dass nicht die D, wie anlässlich des Kaufs vom 17.11.1989 bestimmt, sondern nunmehr die Klägerin die Sicherung und Sanierung des Nordteils des Grundstücks durchführen sollte, da sie als Eigentümerin kraft Gesetzes die Zustandsstörerhaftung treffe. Zudem übernahm die Klägerin eine "Verpflichtung zur Überwachung der Deponie L". Zur Durchführung dieser Maßnahmen stellte D der Klägerin den Betrag von 20,8 Mio. DM zur Verfügung.
Die Klägerin aktivierte das erworbene Grundstück nach dessen Erwerb im Jahr 1989 als Anlagevermögen in Höhe des an die D entrichteten Kaufpreises von 40.922.325 DM. 1990 nahm sie "kumulierte" Abschreibungen in Höhe von 4.551.401 DM vor. 1991 verbuchte sie die erfolgten Abgänge infolge der Veräußerungen von Teilen des Grundstücks in Höhe von insgesamt 33.308.970 DM; zudem nahm sie weitere "kumulierte" Abschreibungen in Höhe von 582.391 DM vor.
Die Bilanz zum 31.12.1991 wies somit einen Buchwert des unbebauten Grundstücks in Höhe von 2.479.563 DM aus, von dem ein Betrag von 1.992.152 DM auf den streitbefangenen Teil entfiel. Den ihr von der D zugeflossenen Betrag von 20,8 Mio. DM erfasste die Klägerin in der Bilanz des Streitjahres 1992 als betriebl...