Weiterhin kann eine Verbindlichkeitsrückstellung nur gebildet werden, wenn die Inanspruchnahme aus der Verpflichtung auch wahrscheinlich ist, d. h. der Bilanzierende ernsthaft mit der Geltendmachung des Anspruchs rechnen muss.[1]

In Bezug auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Inanspruchnahme des Schuldners wahrscheinlich ist.[2] Die Finanzverwaltung fordert in R 5.7 EStR basierend auf der Rechtsprechung, dass die der Rückstellung zugrunde liegende Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h.

  • es muss ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmbaren Zeitraums vorgeschrieben und
  • an die Verletzung der Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein.
  • Der BFH fordert in verschiedenen Urteilen, dass die Verpflichtung in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sei.[3]

Im hier betrachteten Streitfall verpflichtet § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG den Versorger zur preismindernden Berücksichtigung der Kostenüberdeckungen, der sich dieser als Körperschaft des öffentlichen Rechts fügen muss. Das Unternehmen kann sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Dabei ist insbesondere auf Klagemöglichkeiten einzelner Abnehmer gegen eine der Vorgabe des Kommunalabgabengesetzes nicht entsprechenden Kalkulation der Folgeperiode hinzuweisen, darüber hinaus auf die aufsichtsbehördliche Kontrolle der Kalkulation und die bei einem Verstoß in Aussicht stehenden Sanktionen der Aufsichtsbehörde. Diese Sachumstände belegen zugleich, dass die X-GmbH nicht damit rechnen kann, aus ihrer Ausgleichsverpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden.[4]

Im Ergebnis ist im Streitfall die Verbindlichkeit des Unternehmens hinreichend konkretisiert und zugleich mit einer auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielenden Verpflichtung verbunden.[5]

Angewendet auf das oben dargestellte Praxis-Beispiel gilt nichts anderes. Auch im Praxis-Beispiel besteht annahmegemäß ein klar bestimmtes gesetzliches Handeln zum Ausgleich von Kostenüberdeckungen, das mit entsprechender Sanktion einer Aufsichtsbehörde durchgesetzt werden kann. Daher kann die X-GmbH im obigen Praxis-Beispiel nicht damit rechnen, aus ihrer Ausgleichsverpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden.

[1] Vgl. Bertram, in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, § 249 HGB Rz. 43, Stand: 19.8.2020.
[2] Vgl. hierzu auch den Beitrag "Rückstellung, öffentlich-rechtliche Verpflichtung".

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