4.1 Voraussetzung der Rückstellungsbildung
Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, wodurch Vergangenes abgegolten wird. Dementsprechend ist eine Verbindlichkeitsrückstellung für eine Verpflichtung zur Rekultivierung zu bilden, wenn
- es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt,
- die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht ist,
- mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist und
- die Aufwendungen in künftigen Wirtschaftsjahren nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für einen Vermögensgegenstand führen.
In Anwendung der genannten Kriterien muss für Verpflichtungen zur Durchführung von Rekultivierungsmaßnahmen dann eine Verbindlichkeitsrückstellung gebildet werden, wenn
- eine Verpflichtung des Unternehmers zur Durchführung von Rekultivierungsmaßnahmen besteht. In der Regel wird eine derartige Verpflichtung durch einen Vertrag oder durch einen Verwaltungsakt begründet. Art und Ausmaß der durchzuführenden Rekultivierungsmaßnahmen sind in den Anordnungen der zuständigen Behörde – im Praxis-Beispiel das Landratsamt – geregelt.
bis zum Bilanzstichtag Flächen ausgebeutet wurden, die zu rekultivieren sind. Das bedeutet, dass die Verpflichtung auch dann besteht, wenn in nachfolgenden Wirtschaftsjahren keine weitere Ausbeutung erfolgt. Die Rückstellung umfasst nicht Aufwendungen für die Rekultivierung erst zukünftig auszubeutender Flächen. Bei fortlaufender Ausbeutung kommt es daher zu einem ratierlichen jährlichen Anstieg der Rückstellung.
Man spricht von einer "unechten Ansammlungsrückstellung", da zwar eine Ansammlung über mehrere Wirtschaftsjahre erfolgt, der jährliche Anstieg der Rückstellung jedoch nicht auf einer Gleichverteilung des gesamten Verpflichtungsbetrags beruht, sondern sich nach der bis zum Bilanzstichtag erfolgten Ausbeutung richtet.
- eine hinreichend konkrete Verpflichtung zur Durchführung der betreffenden Rekultivierungsmaßnahme besteht. In der Regel wird eine derartige Verpflichtung durch einen Vertrag oder durch einen Verwaltungsakt begründet, so dass mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist.
Liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung dem Grunde nach vor, richtet sich ihre Bewertung nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB.
4.2 So wird die Rückstellung bewertet
Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB ist der Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Erfüllung der Verpflichtung notwendig ist (Erfüllungsbetrag). Bei Rekultivierungsverpflichtungen handelt es sich um Sachleistungsverpflichtungen, da kein Geldbetrag geschuldet wird, sondern die Erbringung der Wiedernutzbarmachung einer Fläche bzw. eines Grundstücks. Bei Sachleistungsverpflichtungen entspricht der Erfüllungsbetrag dem in Geld bemessenen Werteverzehr, der zur Erfüllung der Verpflichtung zukünftig aufzuwenden ist.
4.2.1 Preisverhältnisse zum Zeitpunkt der Erfüllung sind maßgebend
Bei der Bewertung einer Rekultivierungsverpflichtung besteht die Schwierigkeit, die zukünftigen Aufwendungen zu ermitteln, die zu einem weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aufgebracht werden müssen (nomineller Verpflichtungsbetrag). Dies kann nur durch eine mehr oder weniger genaue Schätzung erreicht werden.
Handelsrechtlich sind bei dieser Schätzung nach IDW RS HFA 31, Tz. 14 die zu erwartenden Preisverhältnisse zum Zeitpunkt der Erfüllung zu berücksichtigen (nomineller Verpflichtungsbetrag zu Preisverhältnissen zum Zeitpunkt der Erfüllung). Erfolgt die Kostenschätzung zu aktuellen Preisverhältnissen, muss die erwartete jährliche Preissteigerung bis zum Erfüllungszeitpunkt im Zuge der Rückstellungsbewertung eingerechnet werden (siehe Vorgehensweise Praxis-Beispiel).
4.2.2 Abzinsung: Zinssatz
Da sich die Ausbeutung von Flächen in aller Regel über mehrere Jahre erstreckt, sind Rückstellungen zur Abbildung von Rekultivierungsverpflichtungen in der Regel abzuzinsen. Für die Abzinsung ist der von der Deutschen Bundesbank monatlich veröffentlichte, durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen 7 Jahre zu verwenden (§ 253 Abs. 2 HGB).
Der durch die Ausbeutung bis zum aktuellen Bilanzstichtag verursachte Teil des nominellen Verpflichtungsbetrags (berechnet nach den Preisverhältnissen zum Erfüllungszeitpunkt) ist auf den aktuellen Stichtag abzuzinsen (=Erfüllungsbetrag).
Zur Ermittlung des anzuwendenden (handelsrechtlichen) Zinssatzes (auch bei unterjähriger Inanspruchnahme) im Zuge der Rückstellungsberechnung und die Festlegung weiterer Berechnungsparameter wird auf den Beitrag "Rückstellungen, Abzinsung" verwiesen.
4.2.3 Abzinsung: Laufzeit bzw. Restlaufzeit der Rekultivierungsverpflichtung
Eine Besonderheit von Rekultivierungsverpflichtungen besteht darin, dass die Erfüllung meist nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt, sondern sich über einen mehrjährigen Erfüllungszeitraum erstreckt. Demzufolge lässt sich für die jährliche Abzinsung der Rückstellung kein einheitlicher Erfüllungszeitpunkt für den gesamten NVPB feststellen. Unterschiedliche Teilbe...