Leitsatz

Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine Verpflichtung gegenüber einem Gläubiger voraus, der grundsätzlich seinen Anspruch kennen muss. Bei Schadensersatzansprüchen ist eine Inanspruchnahme des Schuldners erst dann wahrscheinlich und damit passivierbar, wenn der Anspruch bekannt geworden ist oder dies unmittelbar bevorsteht.

Bei einer Bodenkontamination ist mit einem Einschreiten der Behörden erst zu rechnen, wenn diese von Untersuchungsergebnissen Kenntnisse erlangt haben. Kann erst nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse einer erneuten Untersuchung entschieden werden, ob und in welchem Umfang Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind, reicht das für die Bildung einer Rückstellung nicht aus.

 

Sachverhalt

Nach Feststellungen der zuständigen Behörde im Oktober 1993 bestand der Verdacht, dass durch den Betrieb der Klägerin wassergefährdende Stoffe in das Grundwasser gelangt sein könnten. Aus diesem Grund sollten zu Beginn des Jahres 1994 auf dem Grundstück Grundwassermessstellen errichtet werden. Ende Februar 1994 wurden Verunreinigungen unklarer Herkunft festgestellt. Auch im Januar 1995 waren nach Auskunft der Behörde noch weitere Untersuchungsergebnisse erforderlich, bevor entschieden werden konnte, ob und in welchem Umfang Sanierungsmaßnahmen erforderlich seien. In der Anfang Februar 1994 aufgestellten Bilanz auf den 31.12.1992 wies die Klägerin eine Altlastensanierungsrückstellung aus. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde die Rückstellung für Altlastensanierung durch das FA nicht anerkannt.

 

Entscheidung

Die Bildung einer Sanierungsrückstellung setzt - selbst bei Kenntnis der zuständigen Umweltbehörde - eine Bodenverunreinigung voraus, die eine ordnungsbehördliche Verfügung mit dem Ziel des Bodenaushubs und entsprechender Versorgung wahrscheinlich mache. Dieser Tatbestand war zum Bilanzstichtag noch nicht verwirklicht. Der Verdacht einer Bodenbelastung reicht nicht aus. Ohne Kenntnis der zuständigen Behörden von "signifikanten" Kontaminationen könne mit einem Eingreifen der zuständigen Behörde nicht gerechnet werden. Ein Einschreiten der Behörden angesichts der Vielzahl der Altstandorte und Verdachtsflächen sei erst anzunehmen, wenn die Behörden von "signifikanten" Untersuchungsergebnissen Kenntnis erlangt hätten.

 

Hinweis

Der BFH hatte in seinem Urteil vom 19. November 2003 (I R 77/01) entschieden, dass der Zustands- oder Handlungsstörer im Regelfall ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme aus der ihn treffenden Sanierungsverpflichtung rechnen muss, wenn die zuständige Behörde von einer Schadstoffbelastung und einer dadurch bedingten Sicherungs- und Sanierungsbedürftigkeit eines Grundstücks Kenntnis erlangt hat. Dies führt zwingend zur Rückstellungsbildung. Im damals entschiedenen Fall gab es jedoch keinen Zweifel an der Tatsache der Schadstoffbelastung und dessen Verursachung. Insofern besteht ein wesentlicher Unterschied zur vorliegenden Entscheidung.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.09.2004, 11 K 554/00

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge