3.1 Handelsrechtliche Bewertungsgrundsätze
Handelsrechtlich sind Rückstellungen mit ihrem notwendigen Erfüllungsbetrag anzusetzen. Hierbei handelt es sich um den nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung voraussichtlich aufzubringenden Betrag, in Form des bereits abgezinsten Nominalbetrages der Verpflichtung.
Ungewisse Geldleistungsverpflichtungen sind mit dem voraussichtlich notwendigen Erfüllungsbetrag zu bemessen. Die Höhe des Verpflichtungsumfangs ist entsprechend der betriebsindividuellen Planungen zu schätzen, es sei denn, dass von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht auszugehen ist.
Bei Sachleistungsverpflichtungen bemisst sich der Erfüllungsbetrag nach dem Wertverzehr für das Bewirken der geschuldeten Leistung. Das sind die der Erfüllungshandlung direkt oder im Weg einer Schlüsselung zurechenbaren Vollkosten. Bei Ermittlung der Vollkosten können handelsrechtlich auch Fixkosten einzubeziehen sein, wie z. B. die planmäßigen Abschreibungen einer Halle im Bereich der Rückstellungen für Gewährleistungen. Abschreibungen des Verwaltungsgebäudes oder vermeidbare Unterbeschäftigungskosten (sog. Leerkosten) sind nicht zu berücksichtigen.
Der Schätzungsmaßstab erfordert eine nachvollziehbare, vernünftige kaufmännische Beurteilung aus Sicht des Abschlussstichtags, die vorliegende Tatsachen und wertaufhellende Entwicklungen berücksichtigt.
Berücksichtigung künftiger Wertverhältnisse
In der Handelsbilanz sind nach aktuellem Recht zukünftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Erforderlich ist, dass am Abschlussstichtag bereits ausreichende objektive Hinweise für den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen vorliegen. In der Steuerbilanz sind für die Rückstellungsbildung weiterhin zwingend die Wertverhältnisse des Bilanzstichtags maßgebend.
Der notwendige Erfüllungsbetrag kann sofort in voller Höhe oder ratierlich in Form einer Ansammlungsrückstellung zu passivieren sein. Ansammlungsrückstellungen können z. B. im Fall einer Ausbeutung eines Kiesgrundstücks bei Rekultivierungsverpflichtungen zu bilden sein.
3.2 Steuerliche Bewertungsgrundsätze und Besonderheiten
Rückstellungen sind steuerlich grundsätzlich mit ihrem Nennwert anzusetzen. Sachleistungsverpflichtungen sind nach objektiven Gesichtspunkten zu schätzen und steuerlich nach dem Gesetzeswortlaut nur mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit sind dabei zu berücksichtigen. Der BFH legt die Vorschrift dahingehend aus, dass Vollkosten anzusetzen sind. Diese Rechtsprechung wird von der Finanzverwaltung akzeptiert. Einzubeziehen sind die voraussichtlich tatsächlichen Aufwendungen ohne kalkulatorische Kostenbestandteile.
Finanzierungskosten können in die Rückstellungsbewertung einzubeziehen sein, auch wenn sie den zurückzustellenden Aufwendungen nicht direkt, sondern im Fall einer sog. Poolfinanzierung verursachungsgerecht anteilig zugeordnet werden können. Maßgebend sind für die Steuerbilanz nach dem sog. Nominalwertprinzip die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag. Künftige Preis- und Kostensteigerungen bleiben unberücksichtigt.
Verjährte Verbindlichkeiten sind gewinnerhöhend aufzulösen, wenn anzunehmen ist, dass sich der Schuldner auf die Verjährung berufen wird. Der Sachverhalt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners allein rechtfertigt bei dem bilanzierenden Schuldner nicht die Ausbuchung der Verbindlichkeit.
Aufschiebend bedingt entstehende Verbindlichkeiten, wie z. B. Bürgschaften, sind erst mit Eintritt der Bedingung zu bilanzieren. Auch Verbindlichkeiten, die von einer Wahlrechtsausübung des Gläubigers, wie z. B. beim Bausparer, abhängen, sind grundsätzlich nicht als Verbindlichkeiten auszuweisen.
Die handelsrechtliche Rückstellungsbewertung ist für steuerbilanzielle Zwecke der Höhe nach begrenzt:
- Bei Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen ist zu beachten, dass der Steuerpflichtige nach Erfahrungssätzen nur zu einem Teil der Summe an Verpflichtungen in Anspruch genommen wird. Als gleichartige Verpflichtungen gelten solche, die auf artverwandte bzw. ähnliche Rückstellungsanlässe zurückgehen.
- Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen sind nach dem Gesetzeswortlaut in der Steuerbilanz höchstens mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Sachkosten zu bewerten. Dieser Wertansatz entspricht der handels- und steuerlichen Untergrenze der Herstellungskosten. Der BFH legt die Vorschrift dahingehend aus, dass Vollkosten anzusetzen sind. Maßgebend sind die voraussichtlichen Aufwendungen ohne kalkulatorische Kostenbestandteile.
- Künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlic...