Rückstellungsfähig sind nach IAS 37 (faktische und rechtliche) Außenverpflichtungen, denen sich das Unternehmen nicht entziehen kann. Hieraus ergeben sich für den Bilanzansatz folgende Übereinstimmungen und Abweichungen zum Handelsrecht:
- Für Kulanzleistungen und andere Leistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, sind nach IFRS und HGB Rückstellungen zu bilden. In beiden Systemen reicht es aus, wenn sich das Unternehmen aus faktischen Gründen einer Verpflichtung nicht entziehen kann.
- Liegt weder eine rechtliche noch eine faktische Verpflichtung gegenüber Dritten vor, so sind nur nach HGB in bestimmten Fällen (z. B. bei unterlassener Instandhaltung) Rückstellungen zulässig. Die IFRS setzen hingegen zwingend eine Außenverpflichtung voraus. An einer solchen Außenverpflichtung fehlt es im Fall der unterlassenen Instandhaltung.
- Ist z. B. in Fällen eines ungewissen Prozessausgangs unklar, ob es überhaupt zur Inanspruchnahme des Unternehmens kommt, so kann handelsrechtlich (nach nicht unstrittiger Auffassung) eine Rückstellung aus Vorsichtsgründen auch dann geboten sein, wenn ein positiver Prozessausgang wahrscheinlicher ist. Nach IFRS ist eine Rückstellung dagegen erst dann zulässig und geboten, wenn mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme des Unternehmens sprechen (sog. 51 %-Regel).
- Einen Verpflichtungscharakter haben auch drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (onerous contracts). Nach IFRS und HGB führt der drohende Verlust, d. h. der Verpflichtungsüberschuss, zu Rückstellungen.
Bei der Bewertung von Rückstellungen ergeben sich in der Praxis (anders z. T. in der Theorie) nur geringe Unterschiede zwischen IFRS (management’s best estimate) und HGB (vernünftige kaufmännische Beurteilung). Bei langfristigen Verpflichtungen ist in beiden Systemen regelmäßig eine Abzinsung geboten.
Einen Sonderfall der Rückstellungen stellen Pensionen dar. Die Bewertungsvorschriften von IAS 19 verlangen wie die des § 253 HGB (aber anders als die des EStG) die Berücksichtigung zukünftiger Gehalts- und Karrieretrends. Wird z. B. einem noch jüngeren Arbeitnehmer eine Pension von x % des letzten Aktivgehalts vor Pensionierung zugesagt, so ist die Rückstellung nicht auf Basis des aktuellen Gehalts und der aktuellen Position, sondern in Abschätzung von voraussichtlicher Karriere- und Gehaltsentwicklung zu berechnen. Hieraus ergibt sich in der Regel ein deutlich höherer Wert als in der Steuerbilanz.
Für den Bilanzausweis nach IFRS und HGB ist wichtig, dass die Pensionsverpflichtung unter bestimmten Bedingungen mit für die Finanzierung vorgesehenem Plan- bzw. Deckungsvermögen verrechnet werden kann. In der Bilanz erscheint dann nur noch die niedrige Saldogröße.