OFD Niedersachsen, Verfügung v. 15.6.2011, S 2742 - 202 - St 242
Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf eine Pensionsanwartschaft gegenüber seiner Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlage; Verzicht auf den sog. „future service”
Bei Eintritt einer finanziellen Krise einer Kapitalgesellschaft wird häufig durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ganz oder teilweise auf eine bestehende Pensionsanwartschaft verzichtet. Hinsichtlich der allgemeinen steuerlichen Folgen wird auf KSt-Kartei § 8 KStG, Karte F 1 verwiesen.
Im Fall einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung des Verzichts auf die Pensionszusage ist bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein steuerlicher Zufluss des werthaltigen Teils der erdienten Anwartschaft sowie die Leistung einer verdeckten Einlage in entsprechender Höhe in die Kapitalgesellschaft anzunehmen. Die Kapitalgesellschaft hat als Wert der Einlage den tatsächlichen Wert der Forderung, nicht ihren Nennbetrag und auch nicht den als Verbindlichkeit passivierten Betrag anzusetzen (vgl. BFH-Beschluss vom 9.6.1997, BStBl 1998 II S. 307).
Die beteiligten Parteien sind bestrebt, den Eintritt dieser Rechtsfolgen durch einen auf den sog. „future service” beschränkten Verzicht zu vermeiden. Es wird mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Änderungsvereinbarung über die ihm zugesagte Altersversorgung derart getroffen, dass in Zukunft ein weiteres Anwachsen der Pensionsanwartschaft nicht mehr stattfindet, mithin künftig zu erdienende Pensionsanwartschaften auf 0 EUR herabgesetzt werden. Dabei wird die zugesagte Altersversorgung im Ergebnis auf den bereits bestehenden, im Rahmen des sog. „past service” bereits erdienten Anspruchs reduziert. Auf diesen Anspruch wird nicht verzichtet.
Ein derartiger Vorgang ist nach Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wie folgt steuerlich zu behandeln:
1. Auch ein Verzicht auf den „future service” führt dem Grunde nach zu einer verdeckten Einlage und kann entsprechend grundsätzlich zu einem Zufluss bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer führen. Es ist allerdings im Einzelfall zu prüfen, in welcher Höhe eine verdeckte Einlage vorliegt. Es kommt für die Bewertung der verdeckten Einlage nicht darauf an, ob sich die Vereinbarung auf künftig noch zu erdienende Versorgungsanwartschaften bezieht, sondern ausschließlich auf die betragsmäßige Reduzierung der Pensionsanwartschaft. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarung versicherungsmathematisch so austariert ist, dass es zu einer verdeckten Einlage in die Kapitalgesellschaft mit einem Wert von 0 EUR kommt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Barwert der nach Abgabe der Verzichtserklärung verbleibenden, reduzierten Pensionsanwartschaft den bis zum Verzichtszeitpunkt bereits erworbenen Ansprüchen (Gegenwartswert der bisher zugesagten, ungekürzten Pensionsanwartschaft [= Summe der verzinsten Jahresnettoprämien] bzw. ggf. ratierlicher [m/n-tel] Anwartschaftsbarwert) entspricht. Eine derartige Gestaltung liegt im Regelfall vor, so dass der Verzicht auf den sog. „future service” regelmäßig keine negativen steuerlichen Konsequenzen, insbesondere keinen Zufluss von Arbeitslohn beim Gesellschafter-Geschäftsführer nach sich zieht.
Als erdienter Teil der bisherigen Versorgungszusage gilt bei einer Leistungszusage oder einer beitragsorientierten Leistungszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer, dessen Vergütungen dem steuerlichen Nachzahlungsverbot unterliegen, mindestens der Teilanspruch aus den bisher versprochenen Versorgungsleistungen, der dem Verhältnis der von einer Pensionszusage begleiteten Dauer des Dienstverhältnisses bis zum Änderungszeitpunkt einerseits und bis zu der in der Pensionszusage vorgesehenen festen Altersgrenze andererseits entspricht (= ratierlicher [m/n-tel] Anwartschaftsbarwert). Bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern tritt an die Stelle der erstmaligen Erteilung einer Pensionszusage der Beginn des Dienstverhältnisses.
Liegt der bisherigen Pensionszusage eine ernsthaft vereinbarte Umwandlung anderweitig vereinbarten und steuerlich anzuerkennenden Barlohns zugrunde, gilt als erdienter Teil die bis zum Änderungszeitpunkt erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen (= voller Anwartschaftsbarwert).
2. Die in der Bilanz der Kapitalgesellschaft passivierte Pensionsrückstellung ist demgegenüber auf der Basis der abgesenkten Pensionszusage neu zu berechnen. Da nach den Regelungen des § 6a EStG die Pensionsrückstellung auf die Zeit vom Diensteintritt bis zum Eintritt in die Leistungsphase zu verteilen ist, ergibt sich ggf. im Jahr des Verzichts eine Korrektur der bestehenden Rückstellung. Der Auflösungsbetrag der Pensionsrückstellung ist für die Bewertung der verdeckten Einlage allerdings nicht maßgeblich (vgl. BFH a.a.O.).
Das bisherige Karteiblatt (Kontrollnummer 859) ist durch dieses Karteiblatt zu ersetzen.
Normenkette
KStG § 8;
EStG § 6a