OFD Karlsruhe, Verfügung v. 14.3.2006, S 217.5 A - St 116
Gegenrechnung künftiger Vorteile bei Rückstellungen für Rekultivierungsverpflichtungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 Buchst. c EStG)
Anlage: Abdruck der Verfügung vom 7.12.2004 (S 2175 A – St 316; hier nicht entahlten)
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 Buchst. c EStG sind bei der Bewertung von Rückstellungen künftige Vorteile, die voraussichtlich mit der Erfüllung der Verpflichtung verbunden sein werden, wertmindernd zu berücksichtigen, soweit sie nicht (ihrerseits) als Forderung zu aktivieren sind. Dies bedeutet für Rekultivierungsrückstellungen von Deponiebetreibern, dass sich die Höhe der Rückstellung durch Kippgebühren, die voraussichtlich in der Zukunft erzielt werden, verringern kann. Diese Regelung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.1998 enden. Sie erfasst auch Rückstellungen, die bereits zum Ende eines vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahrs angesetzt worden waren.
Bei der Gegenrechnung von Vorteilen bitte ich, wie folgt vorzugehen:
1. Bilanzstichtage bis 31.12.2000:
Bei Bilanzstichtagen bis zum 31.12.2000 verbleibt es bei der Regelung in R 38 Abs. 1 EStR 1999. Hiernach setzt eine Gegenrechnung voraus, dass der Steuerpflichtige z.B. auf Grund am Bilanzstichtag abgeschlossener Verträge, die mit der Erfüllung der Verpflichtung wirtschaftlich zusammenhängen, mit Vorteilen rechnen kann. Die bloße Möglichkeit, dass künftig Vorteile eintreten könnten, genügt für die Gegenrechnung nicht. Aus Billigkeitsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn bei Rekultivierungsrückstellungen, die in der Bilanz für ein Wirtschaftsjahr, das vor dem 1.1.2001 endete, passiviert wurden, bei der Gegenrechnung künftiger Vorteile entsprechend der Verfügung vom 7.12.2004 (S 2175 A – St 316 – siehe Anlage) vorgegangen wird.
2. Für Bilanzstichtage ab dem 1.1.2001 gilt Folgendes:
Ist eine Rückstellung für Rekultivierungsverpflichtung in einer Bilanz für einen nach dem 31.12.2000 liegenden Bilanzstichtag anzusetzen, sind damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Vorteile gegenzurechnen, wenn am Bilanzstichtag nach den Umständen des Einzelfalls mehr Gründe für als gegen den Eintritt der Vorteile sprechen. Die bloße Möglichkeit, dass Vorteile eintreten könnten, reicht nicht aus. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Bestehen vertragliche Vereinbarungen über das Abkippen, sind die hieraus voraussichtlich künftig entstehenden Vorteile (Kippgebühren) rückstellungsmindernd entsprechend der Vertragslaufzeit zu berücksichtigen.
- Bestehen keine vertraglichen Vereinbarungen über das Abkippen, dann sind überwiegend wahrscheinliche Vorteile auf einen überschaubaren Prognosezeitraum von zehn Jahren zu projizieren und gegenzurechnen. Die zu projizierenden Vorteile sind grundsätzlich aus dem Durchschnitt der in den letzten drei Wirtschaftsjahren (einschließlich dem Bilanzstichtag) erzielten Erlösen aus Kippgebühren zu ermitteln.
Beispiel 1:
Der Steuerpflichtige hatte in der Bilanz zum 31.12.2000 eine Rekultivierungsrückstellung in Höhe von 4 Mio. Euro passiviert. Aufgrund weiteren Aushubs wurde dieser Rückstellung im Wirtschaftsjahr 2001 ein Betrag von 800.000 Euro zugeführt, so dass sich der Bilanzansatz zum 31.12.2001 auf 4,8 Mio. Euro erhöhte. In den Folgejahren beliefen sich die Zuführungen zur Rückstellung jeweils auf 200.000 Euro. Demzufolge wurde die Rückstellung zum 31.12.2002 mit 5 Mio. Euro und zum 31.12.2003 in Höhe von 5,2 Mio. Euro passiviert. Die Deponie hat eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Vertragliche Vereinbarungen über das Abkippen liegen nicht vor. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer im Prüfungszeitraum 2001 bis 2003 folgende Erlöse aus Kippgebühren fest:
2001: |
120.000 Euro |
|
|
2002: |
150.000 Euro |
|
|
2003: |
150.000 Euro |
Lösung
Im dreijährigen Prüfungszeitraum (2001 bis 2003) ergeben sich jährliche Erlöse aus Kippgebühren von durchschnittlich (420.000 Euro : 3 =) 140.000 Euro. Diese sind auf einen Zehnjahreszeitraum hochzurechnen und ergeben somit einen gegenzurechnenden Betrag i.H. von 1,4 Mio. Euro. Demzufolge ist der Bilanzansatz der Rückstellung zum 31.12.2003 auf 3,8 Mio. Euro (= 5,2 Mio. Euro – 1,4 Mio. Euro) zu berichtigen. Dies gilt grundsätzlich gleichermaßen für die Bilanzansätze zum 31.12.2001 und zum 31.12.2002.
Beispiel 2:
Das Beispiel 1 wird fortgeführt. Die Zuführung zur Rückstellung für das Wirtschaftsjahr 2004 beläuft sich im Hinblick auf den Aushub in diesem Wirtschaftsjahr lediglich auf 100.000 Euro, so dass der gesamte Rückstellungsbetrag vor Berücksichtigung der gegenzurechnenden Kippgebühren zum 31.12.2004 5,3 Mio. Euro beträgt. Im Wirtschaftsjahr 2004 waren Erlöse über Kippgebühren i.H. von 150.000 Euro zu erfassen.
Lösung
Im dreijährigen Betrachtungszeitraum (2002 bis 2004) ergeben sich durchschnittliche Erlöse aus Kippgebühren i.H. von 150.000 Euro. Durch eine Hochrechnung der durchschnittlich erzielten Kippgebühren auf einen Zeitraum von zehn Jahren ergibt sich ein Gegenrechnungsvolumen i.H. von 1,5 Mio. Euro. Aus diesem Grund i...