BMF, Schreiben v. 2.5.1977, IV B 2 – 2137– 13/77, BStBl I 1977, 280
Bezug: Besprechung mit den Einkommensteuerreferenten der obersten Finanzbehörden der Länder vom 28. bis 30. April 1976 (ESt III/76 – TOP 6), vom 27. bis 30. September 1976 (ESt V/76 – TOP 10) und vom 9. bis 11. März 1977 (ESt III/77 – TOP 5)
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu der Frage, ob für Leistungen auf Grund eines Sozialplanes nach §§ 111, 112 des Betriebsverfassungsgesetzes vom 15.1.1972 (BetrVerfG, Bundesgesetzbl. Teil I S. 13) oder einer auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhenden vergleichbaren Vereinbarung (sozialplanähnliche Vereinbarung) Rückstellungen gebildet werden können, wie folgt Stellung:
Bei geplanten Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Satz 1 BetrVerfG, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können (z. B. Einschränkungen, Stillegungen, Verlegungen oder Zusammenschluß von Betrieben), haben Arbeitgeber und Betriebsrat zum Zwecke des Ausgleichs oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderungen entstehen, einen Sozialplan aufzustellen. Kommt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet auf Antrag eines Beteiligten die Einigungsstelle über die Aufstellung des Sozialplans (§ 112 Abs. 4, § 76 BetrVerfG). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung, die den Arbeitnehmern unmittelbare Rechtsansprüche einräumt.
Nach § 152 Abs. 7 AktG können Rückstellungen u. a. für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Hinsichtlich der auf Grund eines Sozialplans zu erbringenden Leistungen besteht eine ungewisse Verbindlichkeit im allgemeinen ab dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer den Betriebsrat über die geplante(n) Betriebsänderung(en) gem. § 111 Satz 1 BetrVerfG unterrichtet hat. Eine ungewisse Verbindlichkeit liegt am Bilanzstichtag auch vor, wenn der Betriebsrat erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Aufstellung oder Feststellung der Bilanz unterrichtet wird und der Unternehmer sich bereits vor dem Bilanzstichtag zur Betriebsänderung entschlossen hat oder schon vor dem Bilanzstichtag eine wirtschaftliche Notwendigkeit bestand, eine zur Aufstellung eines Sozialplans verpflichtende Maßnahme durchzuführen. Bei der Bemessung der Rückstellung sind grundsätzlich alle Leistungen zu berücksichtigen, die auf Grund des Sozialplans zusätzlich oder vorzeitig zu erbringen sind. Soweit vorzeitige betriebliche Pensionsleistungen bei alsbaldigem Ausscheiden infolge der Betriebsänderungen erbracht werden, richtet sich die Rückstellungsbildung ausschließlich nach § 6a EStG.
Die vorstehenden Grundsätze gelten sinngemäß für Leistungen, die auf Grund einer sozialplanähnlichen Vereinbarung zu erbringen sind.
Normenkette
AktG § 152 Abs. 7
BetrVerfG § 76
BetrVerfG § 111
BetrVerfG § 112 Abs. 4
Fundstellen
BStBl I, 1977, 280