Leitsatz
Die Änderung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG dahingehend, dass nur weitere positive Einkünfte von mehr als 410 EUR zu einer Amtsveranlagung führen, wirkt nicht auf das Streitjahr 1999 zurück.
Sachverhalt
Der Kläger war als Arbeitnehmer tätig und erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 110.000 DM. Daneben erzielte er einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 30.182 DM. Da die Steuererklärung für das Jahr 1999 erst am 21.11.2003 bei dem FA einging, lehnte das FA die Durchführung der Veranlagung ab, da die Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG abgelaufen sei. Im Klageverfahren vertritt der Kläger die Auffassung, dass eine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durchzuführen sei, weil die Summe der Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, den Betrag von 800 DM überstiegen.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG war das Finanzamt gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung verpflichtet, die eingegangene Steuererklärung des Klägers als sog. Amtsveranlagung zu bearbeiten, da der Kläger neben seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit weitere negative Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen waren, von mehr als 800 DM hatte (BFH, Urteil v. 21.9.2006, BStBl 2007 II S. 45). Die Rechtslage ist (jedenfalls) für das Streitjahr 1999 nicht durch JStG 2007 wirksam geändert worden. Zwar hat der Gesetzgeber den § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG dahingehend geändert, dass nur weitere positive Einkünfte von mehr als 410 EUR zu einer Amtsveranlagung führen, diese Änderung des EStG wirkt jedoch nicht auf das Streitjahr zurück. Nach § 52 Abs. 55j EStG ist zwar § 46 Abs.2 Nr. 1 EStG n.F. auch auf Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden. Diese Regelung erstreckt sich aber nicht auf das Streitjahr 1999. Erfasst werden nach dem Wortlaut und dem Sinn der Anwendungsvorschrift nur Veranlagungsjahre, bei denen durch die Neufassung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht nachträglich die Möglichkeit zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung entfällt. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, auch bereits rechtlich verfestigte Ansprüche auf Amtsveranlagung rückwirkend entziehen zu wollen, hätte er dies durch eine eindeutige Formulierung der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 55j EStG anordnen müssen. Eine dem Wortlaut nach insoweit unpräzise Regelung ist jedenfalls nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen auszulegen. Vor allem die verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Zwei-Jahres-Frist, wie sie in den Vorlagebeschlüssen des BFH vom 22.5.2006, VI R 49/04 und 46/05 ihren Ausdruck gefunden haben, erfordern eine restriktive Auslegung der die Antragsveranlagung betreffenden Vorschriften.
Hinweis
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision ist inzwischen eingelegt worden und wird beim BFH unter dem Az. VI R 29/07 geführt. Betroffenen sollten daher in vergleichbaren Fällen gegen die Ablehnung der Amtsveranlagung Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das o.a. Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.04.2007, 2 K 379/04