rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtskosten bei Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rücknahme der zunächst eingelegten Klage durch juristischen Laien

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wenn ein Bürger beim Finanzgericht um Rechtsschutz als finanziell nicht hinreichend Bemittelter nachsuchen will, ohne – bei Ablehnung der Unterstützung durch Prozesskostenhilfe (PKH) – mit Gerichtskosten belastet zu sein, muss er zunächst ausschließlich Prozesskostenhilfe beantragen, bei Gewährung derselben innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des entsprechenden Gerichtsbeschlusses die Klage nachholen und hierbei zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Klagefrist beantragen.

2. Dass auch dann Gerichtskosten anfallen (2 Gebühren nach Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz – GKG –), wenn neben dem Antrag auf PKH zusätzlich auch sofort Klage eingelegt und später nach Ablehnung des PKH-Antrags die Klage wieder zurückgenommen worden ist, ist verfassungsrechtlich bedenklich, da der unter 1. geschilderte Weg zur Vermeidung von Gerichtskosten gesetzlich nicht geregelt, sondern nur aus Fachkommentierungen und der Rechtsprechung zu entnehmen ist. In derartigen Fällen ist die Unkenntnis des rechtlich nicht vorgebildeten Rechtsschutzsuchenden von dem einzig mit Sicherheit Erfolg versprechenden Weg, der beschriebenen Kostenfalle zu entgehen, regelmäßig unverschuldet, so dass es bei Rücknahme des Rechtsmittels nach Ablehnung des PKH-Antrags regelmäßig ermessensgerecht ist, nach § 21 Abs. 1 S. 3 GKG von der Erhebung der Gerichtskosten abzusehen.

 

Normenkette

GKG § 21 Abs. 1 S. 3, § 3 Abs. 2; Kostenverzeichnis Nr. 6111; FGO §§ 142, 56 Abs. 2 S. 1; GG Art. 19 Abs. 4; ZPO § 114

 

Tenor

1. Von der Erhebung der Gerichtskosten im Verfahren 5 K 46/08 (Kostenrechnung vom KSB in Verbindung mit der Teillöschung in Höhe von 110,– Euro vom 28.05.2008) wird abgesehen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

3. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Mit seinem am 08.01.2008 beim Sächsischen Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz vom 04.01.2008 machte der Erinnerungsführer als Gegenstand geltend: „1. Anfechtungsklage …, 2. Antrag auf Vollstreckung …, 3. Antrag auf Prozesskostenhilfe … und 4. Antrag auf Fristverlängerung …”. Zu allen vier Begehren gab er nähere Erläuterungen. Sodann führte er in dem Schriftsatz (Seite 2) aus:

„Da ich zum heutigen Zeitpunkt noch keine Klage beim Sächsischen Finanzgericht eingereicht habe, mir das Geld für einen Anwalt fehlt, bitte ich Sie um Hilfe.

Sollten Sie die Möglichkeit einer Beratungsstelle oder einer anderen Institution haben, die Arbeit für Sie und für mich Kosten spart unter Berücksichtigung meiner Antragstellung bitte ich Sie freundlichst um Mitteilung.”

Dem Schriftsatz waren Fotokopien des Einspruchs und der Einspruchsentscheidung beigefügt.

Das Sächsische Finanzgericht behandelte den Vorgang als Klage und leitete ihn dem beklagten Finanzamt Annaberg zur Stellungnahme zu.

Den in dem genannten Schriftsatz enthaltenen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe lehnte der 5. Senat des Sächsischen Finanzgerichts durch Beschluss vom 26.03.2008 ab, da die Klage mangels Zulässigkeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besitze. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.

Auf die Anfrage der Berichterstatterin, ob er angesichts dieses Beschlusses an seiner Klage festhalte, teile der Erinnerungsführer durch Schriftsatz vom 10.04.2008 mit, dass er diese Klage zurückziehe. Daraufhin stellte das Sächsische Finanzgericht das Verfahren durch Beschluss der Berichterstatterin vom 11.04.2008 ein.

 

Entscheidungsgründe

II.

Unter dem 22.05.2008 war gegenüber dem Erinnerungsführer unter dem im Tenor genannten Kassenzeichen die Gerichtskostenrechnung über 220,– Euro ergangen. Durch Teillöschungsanordnung vom 28.05.2008 wurde diese Gerichtskostenrechnung im Hinblick auf die Klagerücknahme auf die Hälfte (110,– Euro) herabgesetzt.

III.

Mit Schriftsatz vom 04.06.2008 wandte sich der Erinnerungsführer gegen die Gerichtskostenrechnung über 220,– Euro. Er trug vor, er könne und werde diesen Betrag nicht bezahlen. Es habe kein Verfahren stattgefunden, also könne auch kein Betrag gefordert werden. In dem ersten Schreiben habe er auf seine Zahlungsunfähigkeit hingewiesen und das Gericht um Hilfestellung bei mehreren Fragen gebeten. Diese Hilfestellung sei nicht gegeben worden, stattdessen sei ihm die Prozesskostenhilfe trotz seiner Schwerbehinderung und seiner geringen Rente abgelehnt worden und es seien gleichzeitig Kosten angesetzt worden, über die er vorher nicht informiert worden sei. Dieses Verfahren, wie überhaupt das ganze Vorgehen des Finanzgerichts, halte er für sehr bedenklich und nicht nachvollziehbar. Durch Verfügung vom 06.06.2008 half die Kostenbeamtin des Finanzgerichts der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Kostensenat zur Entscheidung vor.

IV.

Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenansatz im...

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