Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageeinreichung durch Liquidator: fehlende Ermittelbarkeit der Anschrift führt zur Unzulässigkeit der Klage. Umsatzsteuer 1995 und Feststellungsbescheid 1994

 

Leitsatz (amtlich)

Ist bei Klageeinreichung durch einen Liquidator dessen zutreffende Anschrift in der Klagschrift weder angegeben noch durch Nachforschungen des Gerichtes nachträglich zu ermitteln, ist die Klage insgesamt unzulässig, da das Erfordernis der Klägerbezeichnung i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO auch die Bezeichnung einer ladungsfähigen Anschrift des Liquidators umfasst.

 

Normenkette

FGO § 65 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der nach Gesellschaftsvertrag vom 30. Juli 1996 als Gesellschafter die Ti.(10 %), die W.w.GmbH (84 %) und F. We. (6 %) beteiligt waren. Mit Beschluss vom 20. Mai 1999 wurde die W.w.GmbH aufgelöst und die Ti. GmbH zur Liquidatorin bestellt. Diese wiederum ist mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 5. Mai 2000 aufgelöst worden. Zur Liquidatorin ist die V.GmbH bestellt worden.

Die Klägerin reichte am 16. November 1995 und am 19. Juli 1996 die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1994 und 1995 ein. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 4. Januar 1996 den Verlust aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1994 erklärungsgemäß in Höhe von 92.109 DM fest. Mit Bescheid vom 11. September 1996 stellte der Beklagte den Gewinn für das Jahr 1995 mit 52.901 DM fest. Der vortragsfähige Gewerbeverlust wurde mit Bescheid vom 29. November 1996 auf 472.419 DM (1994) und mit Bescheid vom 12. Dezember 1996 auf 340.118 DM (1995) festgestellt. Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung ergingen am 7. April 2000 geänderte Bescheide für 1994 und 1995. Die Einkünfte aus Gewerbetrieb wurden für 1994 mit ./. 22.882 DM und für 1995 mit 227.903 DM festgestellt. Der vortragsfähige Verlust aus Gewerbebetrieb wurde mit Bescheid vom 20. April 2000 für 1994 auf 378.729 DM und für 1995 auf 150.826 DM festgestellt. Die gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2000).

Mit ihrer am 27. November 2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass der Beklagte die Berücksichtigung von Schuldzinsen, Disagio, Finanzierungskosten und Vorfälligkeitsentschädigungen für die jeweiligen Jahre zu Unrecht mit der Begründung verwehrt habe, dass die Nachweise nicht vollständig vorgelegen hätten. Dies sei nicht zutreffend. Sämtliche Unterlagen hätten zur Betriebsprüfung vorgelegen bzw. seien nachträglich eingereicht worden.

Die Klage wurde unter der Anschrift der Liquidatorin der Klägerin erhoben. Nachdem in den Parallelverfahren 2 K 2288/00, 2 K 2289/00 und 2 V 2290/00, auf die Bezug genommen wird, gerichtliche Schreiben unter der Anschrift S.straße in L. nicht zugestellt werden konnten, begründete die Klägerin dies mit der nicht ganztägigen Besetzung des Büros. Der Geschäftsführer der Liquidatorin erklärte sich am 15. März 2001 in den o.g. Verfahren bereit, dass unter seiner B. Privatanschrift Zustellungen vorgenommen werden könnten. Sofern sich auch dabei Probleme ergeben sollten, solle man ihn unter der Telefonnummer benachrichtigen. Eine Zustellung im Verfahren 2 V 2290/00 unter der Privatanschrift in B.scheiterte, da die Postzustellungsurkunde mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt” zurückkam. Mit Schreiben der Liquidatorin der Klägerin vom 24. September 2001, in dessen Briefkopf die Anschrift „D.str. in G.” aufgeführt wird, führt die Liquidatorin der Klägerin aus, dass sie ihren Sitz in L. habe und unter der Anschrift S.str. in L. postalisch zu erreichen sei. Es handele sich dabei auch um eine ladungsfähige Anschrift i.S.v. § 65 Abs. 1 FGO. Als der Berichterstatter im Parallelverfahren 2 K 2292/00 unter der o.g. Telefonnummer einen Termin zur Zustellung des Gerichtsbescheides vereinbaren wollte, war kein Anschluss unter dieser Telefonnummer zu erreichen. Unter der Telefonnummer b erreichte der Berichterstatter des o.g Parallelverfahrens nach Rufweiterleitung eine „Bürogemeinschaft V.”, die erklärte, am 30. Oktober 2001 sei jemand in der S.straße in L., dem zugestellt werden könne. Am 30. Oktober 2001 versuchte der Berichterstatter erfolglos, der Liquidatorin der Klägerin einen Gerichtsbescheid im Parallelverfahren 2 K 2292/00 gem. § 53 FGO i.V.m. § 5 Abs. 1 und 3 VwZG zuzustellen. Auf die Feststellungen in o.g. Verfahren, wonach unter der Anschrift S.straße in L. nur ein Briefkasten der Liquidatorin der Klägerin und ein unleserlicher, weil im übrigen verblichener Hinweis, dass die Liquidatorin der Klägerin verzogen sei, vorhanden ist, wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide vom 7. April 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2000 insoweit zu ändern, als Schuldzins...

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