Entscheidungsstichwort (Thema)

Realisation eines Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 4 EStG bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer zum 31.12.1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Verlust eines wesentlich beteiligten Gesellschafters infolge der Auflösung der Kapitalgesellschaft entsteht nicht bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, wenn die Eröffnung nicht mangels Masse abgelehnt wird, sondern sich daran eine Liquidation anschließt, so dass nicht bereits bei der Eröffnung aufgrund der vom Sequester gefertigten Bilanz feststeht, dass mit einer Kapitalrückzahlung nicht mehr gerechnet werden kann.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 4, 2; GesO § 11

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Kläger zur Last.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Auflösungsverlust im Sinne von § 17 Abs. 4 EStG bereits im Streitjahr 1996 entstanden ist.

Der Kläger war Geschäftsführer und Gesellschafter mit einer hälftigen Beteiligung an der mit Vertrag vom 6. Dezember 1990 gegründeten GmbH (GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM.

Der Kläger erhielt zwei ERP-Darlehen mit Verträgen vom 5. Juni 1991 in Höhe von 36.000,00 DM und vom 7. April 1993 in Höhe von 265.000,00 DM und von der A.Bank Bank zwei Eigenkapitalhilfedarlehen mit Verträgen vom 7. März 1991 in Höhe von 18.800,00 DM und vom 29. März 1993 in Höhe von 115.000,00 DM. Mit Vertrag vom 22. Mai 1995 vereinbarte der Kläger mit der GmbH eine Darlehensgewährung in gleicher Höhe und zu gleichen Konditionen wie bei den ERP- und EKH-Darlehen. Eine Rangrücktrittserklärung mit dem Inhalt, dass die gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen gegen die GmbH den Forderungen anderer Gläubiger untergeordnet werden, die Begleichung der Forderungen nicht erzwungen werden kann und diese untergeordneten Forderungen im Fall des Konkurses aus den nach Befriedigung aller übrigen Gläubiger verbleibenden Liquidationserlös beglichen werden sollen, erfolgte nicht.

Der Kläger verbürgte sich am 24. Juni 1996 gegenüber der D.Bank (Bank) zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Bank gegen die GmbH aus der Geschäftsverbindung selbstschuldnerisch in Höhe von 1.000.000,00 DM.

Die GmbH beantragte am 26. August 1996 die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Das AG C. ordnete mit Beschluss vom 26. August 1996 die Sequestration an und eröffnete mit Beschluss vom 1. September 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren.

Mit Datum vom 11. Juli 1996 gaben der Kläger und der Mitgesellschafter der GmbH als Gesamtschuldner ein „abstraktes Schuldversprechen” in Höhe von 119.813,36 DM gegenüber einem Baustoffhändler ab. Dass sich dieses abstrakte Schuldversprechen auf Forderungen des Baustoffhändlers gegen die GmbH bezog, ist nicht ersichtlich.

Mit Schreiben vom 26. August 1996 kündigte die Bank die ERP- und EKH-Darlehen und nahm den Kläger mit Schreiben vom 2. August (gemeint: September) 1996 wegen rückständiger Forderungen in Höhe von 1.569.354,68 DM aus der Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 1.000.000 DM in Anspruch.

Der Gesamtvollsteckungsverwalter berichtete am 21. Oktober 1996 dem Gesamtvollstreckungsgericht, dass nach anfänglich erfolgreichen Jahren mit Jahresüberschüssen von bis zu 243.649,53 DM (1994) in Jahr 1995 ein vorläufiger Verlust von 3.659.218,00 DM aufgetreten sei. Ausweislich der vorläufigen Bilanz ergebe sich auf der Aktivseite eine freie Masse von 66.340,05 DM und auf der Passivseite Verbindlichkeiten in Höhe von 2.743.424,06 DM. Das vorläufige Anlageverzeichnis weise diverse Grundstücke mit einem Gesamtwert von 1.788.035,71 DM aus. Hinsichtlich dieser Grundstücke nahm der Gesamtvollstreckungsverwalter einen Veräußerungswert von 1.000.000,00 DM an, den er wegen der auf den Grundstücken lastenden Grundpfandrechte in Höhe von 1.569.354,68 DM jedoch mit 0,00 DM bei der freien Masse berücksichtigte. Des weiteren stellte der Gesamtvollstreckungsverwalter Forderungen der GmbH aus Lieferung und Leistung in Höhe von 2.255.000,00 DM fest, die er unter Berücksichtigung eventueller Wertberichtigungen und Schadensersatzforderungen von Bauherrn zunächst mit 500.000,00 DM bewertete, aber im Hinblick auf eine Globalzession an die Bank mit 0,00 DM bei der freien Masse berücksichtigte.

In seiner Einkommensteuererklärung 1996 machte der Kläger einen Auflösungsverlust in Höhe 1.358.942,00 DM nach § 17 Abs. 4 EStG geltend. In dem Einkommensteuerbescheid 1996 vom 12. März 1998 blieb das Begehren des Klägers zunächst unberücksichtigt. Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 1999 wurde dem Einspruch teilweise stattgegeben und und unter Berücksichtigung von Verlusten in Höhe von 57.416,00 DM die Einkommensteuer auf 0,00 DM festgesetzt. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen. Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 war unter dem Az. 2 K 1222/99 anhängig.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1999 wurde der verbleibende Verlustabzug a...

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