Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer. keine Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrages bei Aufhebung und gleichzeitigem Neuabschluss mit einer dem ursprünglichen Erwerber nahestehenden Person
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rückgängigmachung i.S.d. § 16 GrEStG liegt nur dann vor, wenn zwischen den Beteiligten des aufgehobenen Vertrages keine Bindungen bestehen bleiben, die in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht erheblich sind.
2. Bei Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages und gleichzeitigem Neuabschluss eines Vertrages über dasselbe Grundstück mit einer Personengesellschaft, an der der ursprüngliche Erwerber – im Streitfall zu 50 % – beteiligt ist, gibt der Grundstückserwerber die tatsächliche Dispositionsbefugnis über das Grundstück nicht auf. Diese Gestaltung ist mit einer Vertragsänderung vergleichbar, die der Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 1 GrEStG entgegensteht.
Normenkette
GrEStG 1997 § 16 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wurde.
Der Kläger wendet sich gegen fünf Bescheide vom 14.06.1999, bestätigt durch Einspruchsentscheidung vom 22.03.2001, mit denen der Beklagte den Antrag nach § 16 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – auf Aufhebung der Grunderwerbsteuer ablehnte.
Die Firma W C Immobilienverwaltung und Beratung GmbH in W (Verkäuferin) war Eigentümerin des im Grundbuch von M Blatt 2391 eingetragenen Grundbesitzes. An diesem Grundbesitz hatte die Verkäuferin durch notarielle Teilungserklärung Wohnungseigentum gebildet. Vor Vollzug der Teilungserklärung schloß die Verkäuferin mit dem Kläger fünf im wesentlichen gleichlautende Verträge über die gebildeten Miteigentumsanteile, und zwar wie folgt:
Vertrag des Notars Dr. W S in W
vom 26.4.1999, Urkunde Nr.
720/10.000 Miteigentumsanteil, bezogen auf Wohnung Nr. W 04
Kaufpreis: DM 251.460,–
Vertrag des Notars Dr. W S in W
vom 26.4.1999, Urkunde Nr.
698/10.000 Miteigentumsanteil, bezogen auf Wohnung Nr. W 05
Kaufpreis: DM 243.870,–
Vertrag des Notars Dr. W S in W
vom 26.4.1999, Urkunde Nr.
1077/10.000 Miteigentumsanteil, bezogen auf Wohnung Nr. W 08
Kaufpreis: DM 376.200,–
Vertrag des Notars Dr. W S in W
vom 26.4.1999, Urkunde Nr.
787/10.000 Miteigentumsanteil, bezogen auf Wohnung Nr. W 09
Kaufpreis: DM 274.890,–
Vertrag des Notars Dr. W S in W
vom 26.4.1999, Urkunden Nr.
471/10.000 Miteigentumsanteil, bezogen auf Wohnung Nr. W 10
Kaufpreis: DM 165.000,–.
Unter Ziffer 13.2. vereinbarten die Vertragsparteien: „Der Käufer verpflichtet sich der Verkäuferin spätestens bis zum 30.05.1999 eine verbindliche, unwiderrufliche, auflagenfreie Finanzierungsbestätigung einer Europäischen Großbank in Höhe der Kaufpreiszahlungsverpflichtungen vorzulegen. Gerät der Käufer mit dieser Verpflichtung in Verzuge, so ist die Verkäuferin zum Rücktritt von diesem Vertrage berechtigt.”
Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträge wird auf diese verwiesen. Die Kaufvertragsparteien erfüllten die Verträge vom 26.4.1999 in dieser Form nicht, insbesondere wurde zu Gunsten des Klägers keine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Der Kläger leistete keine Zahlungen an die Verkäuferin und legte dieser die geforderte Finanzierungsbestätigung nicht fristgerecht vor.
Am 14.7.1999 schlossen die Verkäuferin und der Kläger einen notariell beurkundeten Vertrag, mit dem die O -Immobilien GbR (Käuferin), bestehend aus dem Kläger und der Firma H H B KG, u. a. den streitgegenständlichen Grundbesitz kaufte.
Unter Ziffer 8 dieses Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien: „Es besteht Einvernehmen darüber, daß wechselseitige Leistungen auf der Grundlage dieser Kaufverträge [vom 26.4.1999] bisher nicht erbracht wurden. Die Erschienenen heben diese Verträge hiermit ersatzlos auf und es besteht Einvernehmen darüber, daß aus diesen Verträgen und ihrer Rückabwicklung wechselseitig keine Rechte hergeleitet werden können. Der amtierende Notar wird angewiesen, die Vertragsaufhebung dem Finanzamt anzuzeigen und für die Erschienenen einen Nichtfestsetzungsantrag gem. § 16 Grunderwerbsteuergesetz zu stellen. Diese Aufhebungsvereinbarung ist auflösend bedingt durch die Erfüllung der in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen seitens der Käuferin.”
Im Anschluß an diesen Kaufvertrag änderte die Verkäuferin zunächst ihre notarielle Teilungserklärung vom 30.10.1998 durch mehrere Urkunden vom 19.11.1999, 27.04.2000 und 14.06.2000. Die Wohnungseigentumsbildung erfolgte durch das Grundbuchamt des Amtsgerichts L unter dem 27.06.2000. Zu diesem Zeitpunkt war die Verkäuferin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Außerdem wurde jeweils in Abteilung II lfd. Nr. 2 des Grundbuches eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Klägers und der Firma H H B KG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf der Grundlage des Ve...