rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulage für Bauarbeiten im Jahr 1999 an einem im Jahr 2001 fertiggestellten Gebäude bei Stellung des Bauantrags vor und Beginn der Bauarbeiten nach dem 24. August 1997. Verfassungsrechtliches Rückwirkungsverbot. Investitionszulage 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wurde der Bauantrag für ein 2001 fertiggestelltes Betriebsgebäude im Fördergebiet vor dem 24. August 1997 gestellt, mit den Erdarbeiten aber erst nach diesem Stichtag begonnen, so ist Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des InvZulG 1999 vom 20.12.2000 (BGBl I, 1850) zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungskonform einschränkend dahin gehend auszulegen, dass der neu in § 2 Abs. 4 InvZulG 1999 eingefügte Satz 5 –Maßgeblichkeit der Stellung des Bauantrags, und nicht mehr des Beginns der Erdarbeiten als für den Beginn der Herstellung maßgeblicher Zeitpunkt– jedenfalls bei der Festsetzung der Investitionszulage für 1999 angefallene Baukosten nicht zur Anwendung kommt.

2. Zur echten bzw. unechten Rückwirkung von Gesetzen.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 4 Sätze 5, 3, 2, Abs. 3; GG Art. 20 Abs. 3; Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 Art. 11 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.09.2005; Aktenzeichen III R 28/03)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage für 1999 vom 14. Juni 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2001 wird die Investitionszulage für 1999 auf 84.373 Euro festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Flurstücke Nr. A) und B) der Gemarkung G. (Sch.-Str., G.). Er hatte die Absicht, die Grundstücke mit einer Fabrikationshalle zu bebauen.

Auf den Bauantrag vom 30. April 1996, der am 13. Mai 1996 beim Landratsamt A.-S. einging, erteilte das Landratsamt am 5. August 1996 eine Teilbaugenehmigung und am 29. Januar 1997 die Baugenehmigung. In der Folgezeit ergingen zu der Baugenehmigung vom 29. Januar 1997 vier Nachtragsbescheide.

Am 20. September 1997 begann der Kläger mit den Erdarbeiten und reichte am 25. September 1997 die Baubeginnsanzeige vom 20. September 1997 beim Landratsamt A.-S. ein. Bis 1998 waren für den Neubau Aufwendungen in Höhe von 468.012,89 DM angefallen; hiervon machte der Kläger im Veranlagungszeitraum 1998 Sonder-Afa nach dem Fördergebietsgesetz (FördG) in Höhe von 40 v.H. der Aufwendungen, das heißt in Höhe von 183.957 DM geltend. Im Streitjahr 1999 kamen weitere Herstellungskosten in Höhe von 824.420,29 DM, im Jahr 2000 solche in Höhe von 255.812,05 DM hinzu. Im Jahre 2001 war das Gebäude fertiggestellt.

Mit seinem Antrag begehrte der Kläger beim Beklagten (Finanzamt –FA–) Investitionszulage für 1999 unter anderem für die in diesem Jahr angefallenen Baukosten in Höhe von 824.420,29 DM. Das FA berücksichtigte die Baukosten nicht, weil der Bauantrag vor dem 24. August 1997 gestellt worden sei, und setzte die Investitionszulage für 1999 am 14. Juni 2001 auf 82.578 DM fest. Der Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2001).

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass er mit der Herstellung des Gebäudes zu einem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem er nach der damaligen Fassung des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1999 einen Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage gehabt hätte, da nach dieser Gesetzesfassung auf den Herstellungsbeginn abgestellt worden sei. Er habe sich auf dieses Gesetz verlassen und deshalb die Investition begonnen. Er habe nicht damit rechnen können, dass durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1850) nunmehr als Herstellungsbeginn der Zeitpunkt fingiert werde, in dem der Bauantrag gestellt wird (§ 2 Abs. 4 Satz 5 InvZulG 1999). Seiner Meinung nach sei eine derartige rückwirkende Gesetzesänderung unzulässig. Vielmehr sei im Streitfall auf den tatsächlichen Herstellungsbeginn abzustellen, der nach dem 24. August 1997 liege. Zur Bekräftigung seiner Auffassung verweist der Kläger auf Zitzmann, Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 (NWB Fach 3, Seite 11499).

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage für 1999 vom 14. Juni 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2001 die Investitionszulage für 1999 auf 165.020 DM festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es darauf, dass es an geltende Gesetze gebunden sei und eine echte Rückwirkung nicht vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Nach § 2 Abs. 4 InvZulG 1999 i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) ist Vor...

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