Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Minderung des Sonderausgabenabzugs für Krankenversicherungsbeiträge durch Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse für allgemein gesundheitsfördernde Aktivitäten i. S. d. § 65a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Zahlung einer Krankenkasse an den Versicherten kann nur dann als die wirtschaftliche Belastung des Versicherten mindernde Beitragsrückerstattung angesehen werden, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit dem in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG definierten Basiskrankenversicherungsschutz steht.
2. Das ist für die von einer gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen eines Bonusprogramms nach § 65a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch überwiegend für allgemein gesundheitsfördernde Aktivitäten (im Streitfall: Besuch eines Fitness-Studios, Mitgliedschaft in einem Sportverein, Durchführung einer im Rahmen des Basiskrankenversicherungsschutzes nicht erstattungsfähigen professionellen Zahnreinigung, Teilnahme an einer Sportveranstaltung, gesundes Körpergewicht des Versicherten) gezahlten pauschalen Geldprämien auch dann nicht der Fall, wenn die Krankenkasse von den Versicherten keine Kostenbelege anfordert (gegen BMF-Schreiben v. 6.12.2016, IV C 3-S 2221/12/10008:008, 2016/1004920, BStBl I 2016, 1426); diese Bonuszahlungen der Krankenversicherung mindern daher nicht als Beitragsrückerstattung den Sonderausgabenabzug der Versicherten für ihre Krankenversicherungsbeiträge.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a; SGB V § 65a
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 06.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2017 wird dahingehend abgeändert, dass unter Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks Beiträge zur Krankenversicherung ohne Kürzung in Höhe von 230 Euro als Sonder-ausgaben abzuziehen sind.
Dem Beklagten werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten vorgenommene Verrechnung einer Bonuszahlung seiner Krankenversicherung gegen seine als Sonderausgaben abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge.
Der Kläger ist bei der Krankenkasse A) krankenversichert. In § 34 ihrer im Streitjahr 2015 gültigen Satzung bestimmte die Krankenkasse A):
(1) Die KRANKENKASSE A) gewährt ihren Versicherten verschiedene Boni für gesundheitsbewusstes Verhalten im Sinne des § 65a SGB V.
(2) Versicherte nach Vollendung des 18. Lebensjahrs, die sich gesundheitsbewusst verhalten, erhalten einen Bonus, wenn sie
- regelmäßig Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten nach dem § 25, die gesetzliche Hautkrebs- und Darmkrebsvorsorge, das Mammographiescreening (gemäß Krebsfrüherkennungsrichtlinie),
- Leistungen zur Zahnvorsorge nach § 22 SGB V (Individualprophylaxe) bzw. § 55 Abs. 1 Satz 4 SGB V (Zahnvorsorgeuntersuchung),
- die Mutterschaftsvorsorge nach § 24d SGB V,
- qualitätsgesicherte Präventionsmaßnahmen,
- 1. sonstige qualitätsgesicherte Vorsorgeleistungen nach Anhang 3, der Bestandteil dieser Satzung ist, oder
- regelmäßige qualitätsgesicherte sportliche Aktivitäten und Maßnahmen zur Unterstützung einer gesunden Lebensführung nach Anhang 3, der Bestandteil dieser Satzung ist,
in Anspruch nehmen und nachweisen.
(3) ….
(4) Die Versicherten werden im KRANKENKASSE A)-Bonusheft über die Inhalte des Bonusprogramms informiert.
(5) Die Inanspruchnahme der Leistungen oder die Teilnahme an entsprechenden qualitätsgesicherten Programmen und Maßnahmen ist vom Versicherten durch eine Bestätigung des Anbieters bzw. Leistungserbringers im KRANKENKASSE A)-Bonusheft oder durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen.
(6) Der Bonus wird als Geldprämie gewährt. Bei Versicherten nach Vollendung des 18. Lebensjahrs können je Kalenderjahr maximal 300 Euro Bonus gezahlt werden. Voraussetzung ist, dass mindestens 4 bonifizierbare Aktivitäten im Kalenderjahr durchgeführt werden. …
Das in der Satzung angesprochene Bonusheft listet die „bonifizierbaren Aktivitäten” auf und gibt die Höhe des Bonus für die einzelnen „Aktivitäten” an. Der Kläger legte der Krankenkasse A) im Jahr 2015 ein ausgefülltes Bonusheft vor, in dem folgende „Aktivitäten” teilweise durch Stempel und Unterschrift des Leistungserbringers, teilweise durch Ankreuzen und Vorlage eines Beleges dokumentiert wurden (Bl. 56 u. Bl. 56R der Prozessakte):
Fitness-Studio 30 Euro
Sportverein 30 Euro
Teilnahme Sportveranstaltung 20 Euro
Gesundes Körpergewicht 20 Euro
Gesundheits-Check-up 10 Euro
Zahnvorsorge 10 Euro
Glaukomuntersuchung 20 Euro
PSA-Test 20 Euro
Haut-Check 20 Euro
Professionelle Zahnreinigung 50 Euro
Darauf zahlte die Krankenkasse A) dem Kläger einen Bonus in Höhe von 230 Euro aus. Die entsprechende Mitteilung der Krankenkasse A) legte der Kläger seiner Einko...