Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Betriebsstätte/feste Einrichtung eines in Großbritannien ansässigen, in Deutschland als Subunternehmer freiberuflich tätigen Flugzeugingenieurs durch Spind und Schließfach auf einem inländischen Flughafengelände
Leitsatz (redaktionell)
1. Das im DBA Großbritannien 1964/1970 verwendete, aber nicht definierte Tatbesandsmerkmal der „festen Einrichtung” korrespondiert mit dem Betriebsstättenbegriff des Art. 7 DBA Großbritannien 2010 und des § 12 Satz 1 AO (vergleiche dazu Rechtsprechung zu Begriff und Voraussetzungen einer Betriebsstätte).
2. Erbringt ein in Großbritannien ansässiger Flugzeugingenieur im Inland in fremden Räumlichkeiten auf einem Flughafengelände als Subunternehmer selbständig Wartungsarbeiten an wechselnden Flugzeugen, wobei er immer sein eigenes Werkzeug mitbringt und anschließend wieder mitnimmt, so hat er auch dann keine feste Einrichtung /Betriebsstätte auf dem Flughafengelände, wenn ihm auf dem Flughafengelände ein Kleiderspind und ein Schließfach in Gemeinschaftsräumen zur Verfügung stehen und er Spind /Schließfach nicht zur Aufbewahrung seines Werkzeugs, sondern nur zur diebstahlsicheren Aufbewahrung privater Gegenstände während der ausgeübten Tätigkeit nutzt.
Normenkette
AO § 12 S. 1; EStG § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; DBA Großbritannien 1964/1970 Art. II Abs. 1 Buchst. h Unterabs. ii Doppelbuchst. aa S. 2; DBA Großbritannien 1964/1970 Art. XI Abs. 1 S. 1; DBA Großbritannien 2010 Art. 3 Buchst. f., Buchst. g, Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, Art. 5, 7
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2008 bis 2014, jeweils vom …, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Kostenausspruchs ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in den Streitjahren 2008 bis 2014 in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtig ist.
Der Kläger ist Flugzeugingenieur und Inhaber von Lizenzen zur Wartung von Flugzeugen des Typs …. Zugleich ist er alleiniger Gesellschafter und Direktor der am … gegründeten X Ltd. (…). Der Sitz der Gesellschaft befindet sich in Großbritannien. In dem Gebäude sind über das dort ebenfalls ansässige Steuerbüro … mehr als 130 Firmen registriert. Die X Ltd. verfügt über keine eigene Website und Telefonnummer. Schriftliche Arbeitsverträge hat der Kläger mit der X Ltd. nicht abgeschlossen. Die in Großbritannien erstellten Bilanzen der X Ltd. weisen im Jahr 2011 Gehaltszahlungen an den Kläger in seiner Funktion als Direktor aus.
Um den Kläger für eine Tätigkeit auf dem Flughafengelände … zu gewinnen, nahm Anfang des Jahres 2008 die in Großbritannien ansässige Firma Y Ltd., die heute als Z Ltd. firmiert, Kontakt zu dem Kläger auf. Hintergrund war, dass die Y Ltd./Z Ltd. mit der A GmbH, welche Betreiber und Charterer von Flugzeugen ist, am … sog. „…” abgeschlossen hatte, in denen u.a. vereinbart worden war, dass die Z Ltd. der A GmbH lizensiertes Flugzeugwartungspersonal, das für die Flugzeugtypen … und … zugelassen ist, zur Verfügung stellt. Dabei sollten die für die Tätigkeit verantwortlichen Ingenieure das angemessene Werkzeug, welches zur Erfüllung der Pflichten erforderlich ist, besitzen.
Am … schloss der Kläger mit der Z Ltd. einen sog. „Freelancer Contract”. Die Beteiligten des Vertrages wurden dabei wie folgt erfasst:
Freelancer Contract |
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between |
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… Ltd., |
– hereinafter referred to as the „Principal” – |
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and |
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… [Kläger] |
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X Ltd. |
– hereinafter referred to as a „Freelancer” – |
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– hereinafter both jointly referred to as „Parties to the Contract” – |
Es handelte sich dabei um einen standardisierten Vertrag (vgl. amtliche Übersetzung vom … Blatt … der Steufa-Akte). In diesem verpflichtet sich der jeweilige freie Mitarbeiter, die Pflichten eines Ingenieurs an jedem von der A GmbH betriebenen Flugzeugs zu erfüllen. Dabei wird der freie Mitarbeiter als Subunternehmer des Auftraggebers (Z Ltd.) beschäftigt. Der freie Mitarbeiter ist verantwortlich dafür, die Flugfähigkeit des Flugzeuges zu beurteilen und das Flugzeug unter seiner Lizenz freizugeben. Die Vergütung soll … Pfund pro Stunde zzgl. kostenpflichtiger Aufwendungen betragen. Der freie Mitarbeiter hat eine Rechnung zu stellen, wobei die Bezahlung auf das in der Rechnung ausgewiesene Konto erfolgt (Abschnitt 2 des Vertrages). Die Vertragsparteien sind sich einig, dass der freie Mitarbeiter das Entgelt auch deswegen erhält, um die Kosten seiner Sozialversicherung, einschließlich privater Altersvorsorge, zu bezahlen. Der Auftraggeber (Z Ltd.) ist haftbar für ...