Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzugsberechtigung eines Ehegatten bei auf die nicht unternehmerisch tätige Ehegattengemeinschaft ausgestellter Rechnung. Umsatzsteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
Ehegatten, die Bauleistungen als Miteigentümer eines Grundstücks beziehen, sind beide als umsatzsteuerliche Leistungsempfänger anzusehen, wenn die Ehegattengemeinschaft nicht unternehmerisch tätig ist. Ist nur einer der Ehegatten Unternehmer, kann dieser die Vorsteuer, die seinem jeweiligen Anteil an der Gemeinschaft entspricht, auch für die an die nicht unternehmerisch tätige Ehegattengemeinschaft ausgeführten Bauleistungen abziehen, soweit diese in Zusammenhang mit dem unternehmerischen Zwecken dienenden Gebäudeteil stehen.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuer- Bescheids für 1995 vom 25. Juni 1997 und der Einspruchsentscheidung vom 10. März 1998 wird die negative Umsatzsteuer für 1995 auf 14.159,– DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Finanzamt auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin (Klin) erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 19. Dezember 1994 ein unbebautes Grundstück in …. Am 18. Mai 1995 beantragten die Klin und ihr Ehemann … (E.) die Genehmigung zum Bau eines Einfamilienhauses. Mit Bauvertrag vom 14./15. August 1995 beauftragten die Klin und E. die … GmbH (GmbH) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem von der Klin erworbenen Grundstück. Zu den Vereinbarungen im einzelnen wird auf den genannten Bauvertrag verwiesen. Zwei Tage nach Abschluß des Bauvertrages teilte die Klin den erworbenen Grundbesitz in Miteigentumsanteile zu je ein Halb und verband die Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum „Wohnung Nr. I” (Wohnung im Erdgeschoß/Dachgeschloß) und „Gewerberäume Nr. II” (Gewerberäume im Keller und im Erdgeschoß, Garage). Anschließend überließ sie E. die Wohnungseigentumseinheit Nr. I mit einem Bruchteilsanteil von einem Halb am Grundbesitz. Zu den Erklärungen und Vereinbarungen im einzelnen wird auf die notariell beurkundete Teilungserklärung und den notariellen Überlassungsvertrag, beide vom 17. August 1995 verwiesen.
Nach Fertigstellung des Gebäudes vermietete die Klin an E. Räume im Erdgeschloß und Untergeschoß zur Benutzung als zahntechnisches Labor. Sie verzichtete bei ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 1995 gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze und machte Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen geltend, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes erteilt worden waren. Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) ließ die geltend gemachte Vorsteuer nach einer Umsatzsteuer (USt) – Sonderprüfung (vgl. hierzu den Bericht vom 27. Juni 1997) nicht zum Abzug zu und setzte mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 25. Juli 1997 die USt für 1995 auf 0 DM fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung –EE– vom 10. März 1998).
Mit der Klage trägt die Klin vor, daß das Grundstück vor Ausführung der Bauarbeiten geteilt worden sei und daher jeder der Teileigentümer Leistungsempfänger für den Teil der Bauleistungen gewesen sei, der seinem Anteil entspreche. Ihr Anteil an den empfangenen Bauleistungen betrage 48, 29 v.H. Zwar habe sie zusammen mit E. den Bauauftrag gemeinschaftlich erteilt, doch blieben sie getrennte Leistungsempfänger. Folge man der Auffassung des FA, sei die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs praktisch ausgeschlossen. Zum Vorbringen der Klin im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 15. April, 15. Juli und 07. Dezember 1998 sowie auf das protokollierte Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 09. Juni 1999 verwiesen.
Die Klin beantragt,
unter Änderung des USt-Bescheids für 1995 vom 25. Juli 1997 und der EE vom 10. März 1998 die negative USt für 1995 auf 14.159,– DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Seiner Auffassung nach stehe dem einzelnen Gemeinschafter der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn die Gemeinschaft keine Unternehmerin ist. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 08. September 1998 – 2 K 2047/97. Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 27. Januar 1994 VR 31/91 und vom 01. Oktober 1998 VR 31/98 seien auf den Streitfall nicht anwendbar, da diesen Entscheidungen Sachverhalte zugrunde gelegen hätten, bei denen die einzelnen Gemeinschafter vorsteuerabzugsberechtigt gewesen wären. Zum Vorbringen des FA im einzelnen wird auf dessen Schriftsätze vom 13. Mai 1998 und 15. April 1999 sowie auf das protokollierte Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vo...