Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestand einer umsatzsteuerlichen Organschaft bei nachlassender wirtschaftlicher Eingliederung bzw. Nichtzahlung der Pachtzinsen. Zeitpunkt der Vorsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit nach Zahlungsunfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei deutlich ausgeprägter finanzieller und organisatorischer Eingliederung endet eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht allein deshalb, weil die wirtschaftlicher Eingliederung sinkt, nach dem die ursprünglich überlassenen Wirtschaftsgüter nicht mehr vollständig vorhanden sind und die Organgesellschaft eine Vielzahl von für den Gewerbebetrieb erforderlichen Wirtschaftsgütern zum großen Teil selbst in ihrem Anlagevermögen aufführt.
2. Endet der Pachtvertrag mit der Organgesellschaft ausweislich des Kaufvertrags über den Pachtgegenstand zum Ende des Jahres, lässt sich aus der Nichtentrichtung der Pachtzahlungen bereits ab Mitte des Jahres nicht auf die frühere Beendigung des Pachtverhältnisses und damit die Beendigung des umsatzsteuerlichen Organschaftsverhältnisses schließen.
3. Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG 2005 kann auch schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten, wenn der sachliche Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung gegeben ist (hier: Maßgeblichkeit des vom Insolvenzverwalter festgestellten Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit).
Normenkette
UStG 2005 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Bestand eines umsatzsteuerlichen Organschaftsverhältnisses bzw. den Zeitpunkt der Vorsteuerberichtigung gemäß § 17 Abs. 1 UStG.
Zwischen dem Kläger und der Firma F. Heizungs- und Sanitärtechnik-Klempnerei GmbH (GmbH) bestand eine ertragsteuerliche Betriebsaufspaltung und ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis seit dem 1. Januar 1999. Mit Vertrag vom 30. Dezember 1998 verpachtete der Kläger an die GmbH, bei der er Gesellschafter-Geschäftsführer war, seine bisherigen für den Betrieb des Heizungs- und Sanitärtechnikgewerbes erforderlichen Wirtschaftsgüter (Anlage zum Pachtvertrag vom 30. Dezember 1998 – Blatt 5 ff. der Dauerakte) zu einem Pachtzins von monatlich 10.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Das Betriebsgrundstück pachtete die GmbH von der Frau des Klägers. Zum 31. Dezember 2007 wurde das Anlagevermögen veräußert und das Pachtverhältnis beendet. Der damalige und heutige steuerliche Berater teilte dem Beklagten am 8. Februar 2008 mit, dass das Pachtverhältnis zum 31. Dezember 2007 beendet worden und die umsatzsteuerliche Organschaft ab dem 1. Januar 2008 weggefallen sei (Bl. 31 der Dauerakte). Bis Dezember 2007 gab der Kläger als Organträger noch Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab.
Auf Grund eines im April 2008 gestellten Insolvenzantrages wurde am 4. Juni 2008 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit fand eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass die vorangemeldete Umsatzsteuer um einen Vorsteuerbetrag in Höhe von insgesamt 50.757,77 EUR zu Lasten des Klägers zu korrigieren sei. Das Unternehmen habe seinen Zahlungsverpflichtungen zum 31. Dezember 2007 nicht mehr nachkommen können (Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 26. Januar 2009).
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ am 12. Februar 2009 einen dementsprechenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Monat Dezember 2007. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens reichte der Kläger die Umsatzsteuererklärung 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 ein, da das Organschaftsverhältnis nur bis zum 30. Juni 2007 bestanden habe. Der Beklagte folgte der Erklärung nicht, soweit diese von einem Ende des Organschaftsverhältnisses zum 30. Juni 2007 ausging. Im Übrigen korrigierte der Beklagte die zurückgeforderten Vorsteuerbeträge um 7.307,55 EUR. Zudem berücksichtigte der Beklagte Forderungsausfälle des Klägers in Höhe von 13.664,17 EUR und erließ am 19. Oktober 2009 einen dementsprechenden Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2007, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Im Einspruchsverfahren wurde der Umsatzsteuerbescheid am 11. Februar 2010 nochmals geändert. Mit der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2010 wurde die Umsatzsteuer 2007 auf 28.267,61 EUR festgesetzt. Ein weiterer Änderungsbescheid erging am 2. Dezember 2010.
Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass das Organschaftsverhältnis zum 30. Juni 2007 geendet habe. Eine Vermietung von Gegenständen habe nur bis zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Aus der Buchhaltung sei ersichtlich, dass Pachtzahlungen nur bis zum Juni 2007 geleistet worden seien. Zudem sei das Organschaftsverhältnis auch dadurch beendet worden, dass nur noch Wirtschaftsgüter von untergeordneter Bedeutung verpachtet gewesen seien un...