Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage für den Neuaufbau von Straßenbahntriebwagen und Straßenbahnwaggons. Prägung technischer Wirtschaftsgüter durch Neuteile. Ermittlung des Teilwerts der beim Neuaufbau verwandten Altteile ohne Aufarbeitungskosten. Investitionszulage 1995
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Neuaufbau von (Tatra-)Straßenbahnwagen kann nicht als investitionszulagenbegünstigte Herstellung neuer Wirtschaftsgüter anerkannt werden, wenn zwar der Anteil der bei der Herstellung verwendeten Altteile die Grenze von 10 v.H. des Teilwertes der hergestellten neuartigen Wirtschaftsgüter nicht überschreitet, die neuen Teile dem Gesamtgebilde jedoch nicht das Gepräge geben, sondern lediglich wesentliche Verbesserungen i.S. nachträglicher Herstellungsarbeiten vorgenommen wurden.
2. Liegt bei technischen Gebrauchsgegenständen im Hinblick auf die den Wert, die Funktionalität und die Einsatzmöglichkeiten entscheidend bestimmende Technik keine so tiefgreifende Umgestaltung vor, dass die neu eingefügten Teile der Gesamtsache das Gepräge geben könnten, so ist es nicht sachgerecht, ein neues Gepräge aufgrund eines lediglich modifizierten äußeren Erscheinungsbildes anzunehmen.
3. Die Berechnung des Teilwerts der Altteile ermittelt sich nicht unter Berücksichtigung der im Zuge der Umbaumaßnahmen durchgeführten (werterhöhenden) Aufarbeitung der Altteile unter Einbeziehung neuer Baugruppen und Ersatzteile.
Normenkette
InvZulG 1991 § 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Investitionszulage für den Bau von 32 Straßenbahntriebbeiwagen, 3 Straßenbahntriebwagen und 10 Straßenbahnbeiwagen.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, deren Gesellschaftszweck die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs in der sächsischen Landeshauptstadt ist.
Im September 1996 reichte die Klägerin ihren Antrag auf Investitionszulage 1995 in drei Teilanträgen und mit einer Gesamtbemessungsgrundlage von 1.497.218 DM zu 8 % und 89.618.198 DM zu 5 % beim Beklagten ein.
Unter laufender Nummer 239 beantragte sie eine Zulage in Höhe von 5 % für den Neuaufbau von drei Straßenbahntriebwagen T4D, 32 Straßenbahntriebbeiwagen TB4D und zehn Straßenbahnbeiwagen B4D mit einem Investitionsvolumen von insgesamt DM 20.592.223,17.
Der Neuaufbau hatte sich wie folgt gestaltet: Ca. 25 Jahre alte, abgeschriebene und nicht mehr einsatzfähige Straßenbahnwagen wurden bis auf die Stahlkarosserie entkernt und teilweise verschrottet. Diejenigen Teile der Wagen, die vom technischen Fortschritt und Verschleiß weniger betroffen waren und die deshalb trotz ihres Zustandes nach grundlegender Aufarbeitung wiederverwendbar erschienen, wurden gesichert. Dies betraf im wesentlichen das Grundgerüst der Karosse (sogenannter Wagenkasten) und einige Teile des Drehgestells. Anschließend beschaffte man sich Straßenbahnneuteile, nämlich insbesondere die Innenausstattung einschließlich der Beleuchtung, der Heizung, des Bodens und der Sitze usw., die sog. TV-Steuerung, die Stromabnehmer, den Bordnetzumformer, die Sandstreuanlage, die Kabelbäume, die Kabelkupplungen, die Gerätetafeln, die NC-Batterie, Fenster und Türen sowie Teile des Drehgestells, des Getriebes und des Motors. Aus diesen Teilen und den wiederverwendbaren Altteilen wurden wiederum Straßenbahnwagen hergestellt.
Am 14.11.1996 führte der Beklagte bei der Klägerin eine betriebsnahe Veranlagung durch, die mit dem Ergebnis endete, dass nur aus einer Bemessungsgrundlagen von 119.313 DM zu 8% und von 39.511.047 DM zu 5 % Investitionszulage zu gewähren sei (Feststellungsbericht vom 02.12.1996). Eine der wesentlichen Feststellungen war, dass der unter lfd. Nr. 239 des Investitionszulageantrags aufgeführte Neuaufbau von Straßenbahntriebwagen und Straßenbahnwaggons nicht als Herstellung neuer Wirtschaftsgüter anerkannt werden könne, weil der Anteil der bei der Herstellung verwendeten Altteile die Grenze von 10 v.H. bei weitem überschreite.
Mit Datum vom 17.12.1996 erließ das FA den Investitionszulagebescheid 1995 auf der Grundlage der Feststellungen der betriebsnahen Veranlagung. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. l AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin zunächst geltend, dass der Anteil der Altteile bei nur 7,2 v.H. gelegen habe. Bei der Ermittlung dieses Anteils seien bereits die Arbeitsleistungen zur Aufarbeitung der Altteile einbezogen worden. So stehe bei einem als repräsentativ ausgewählten Straßenbahnwagen dem Gesamtwert der neuen Straßenbahn von 502.878 DM ein Wert der verwendeten Altteile einschließlich der Arbeitsleistung zu deren Aufarbeitung von 36.207 DM gegenüber.
Dem Einspruch war eine Abrechnung des Neuaufbaus des Fahrzeugs Nr. 2440241 vom 14.01.1997 beigefügt (Anlage K 2, Bl. 47 d. Akte).
Mit Schreiben vom 12.05.1998 wies der Beklagte darauf hin, die Überprüfung des angegriffenen Bescheids ...