rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke besteht bereits dann, wenn der Antragsteller ernsthaft erklärt, ein selbstständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen (hier: Erbringung von Trockenbauleistungen).
2. Lediglich in offensichtlichen Missbrauchsfällen (z. B. zur Erlangung des Vorsteuerabzugs für privat bezogene Leistungen) kann die Erteilung der Steuernummer abgelehnt werden.
3. Im Verfahren wegen der Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke bedarf es keiner Entscheidung, ob es sich beim Antragsteller tatsächlich um einen selbstständig tätigen Subunternehmer handelt, oder ob er tatsächlich keinen Leistungserfolg, sondern nur seine Arbeitskraft schuldet, in ein Unternehmen eingegliedert ist, dessen Weisungen unterliegt und Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat.
Normenkette
UStG 2005 § 2 Abs. 1, §§ 19, 13b Abs. 5, § 15
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 04.02.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.06.2014 verpflichtet, dem Kläger eine Steuernummer zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger eine Steuernummer zu erteilen ist.
Der Kläger ist rumänischer Staatsangehöriger. Am 23.01.2013 meldete er bei der Stadt F. unter der Wohn- und Betriebsstättenanschrift K. Straße 23 in … F. ein Trockenbaugewerbe an. Am 11.03.2013 meldete er das Gewerbe bei der Stadt F. ab und bei der Stadt M. an. Als Wohn- und Betriebsstättenanschrift gab er nun S. 5 in … in M. an. Am 15.05.2013 reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Finanzamt L. den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit ein. In diesem wird erklärt, dass es sich um eine Neugründung zum 11.03.2013 handele und voraussichtlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und entsprechende Umsätze in Höhe von 9.800 Euro im laufenden und in Höhe von 12.600 Euro im Folgejahr erzielt würden und die Kleinunternehmer-Regelung (§ 15 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG –) in Anspruch genommen werde. Am 26.07.2003 reicht der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Zusatzfragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit auf Wunsch des Finanzamtes L. ein. Darin erklärte er, dass der Kläger keine Werkverträge abschließen werde und nicht vorgesehen sei, die Umsatzsteuer in Rechnungen gesondert auszuweisen. Es handele sich bei seinen Tätigkeiten weder um Regie- noch um Lohnarbeiten noch um eine Tätigkeit als Subunternehmer. Auftraggeber sei C. S. Auch früher seien keine Werkverträge geschlossen worden. Er bediene sich keines Vermittlers, um an Aufträge zu gelangen, habe im Herkunftsland keinen Gewerbebetrieb und keine freiberufliche Tätigkeit, es könne kein Mietvertrag für die gewerblich angemieteten Räume vorgelegt werden, da ein solcher nur mündlich geschlossen worden sei, was gleichfalls für privat angemietete Räume gelte und der Lebensunterhalt in der Aufbauphase des Betriebes werde von etwas Geld, das er von Rumänien mitgenommen habe, finanziert. Daraufhin führte das Finanzamt L. in den Räumlichkeiten unter der Anschrift S. 5 in … M. eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Der Kläger wurde dort nicht angetroffen. Es wurde festgestellt, dass es sich bei der Anschrift um eine Sammelunterkunft in einer Pension mit 3er-Etagen-Betten handelt. Nachdem der Vorgang an den Beklagten abgegeben worden war, forderte dieser den Kläger unter den 24.09.2013 und unter dem 21.11.2013 auf, den Mietvertrag, Werkverträge, Auftragsangebote, Kalkulationen, eine Liste der Auftraggeber sowie ggf. bisher ausgestellte Rechnungen in Kopie einzureichen. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 24.11.2013 erneut, dass ein Mietvertrag nur mündlich bestehe. Mangels Steuernummer habe der Kläger keinen Auftrag bekommen und es seien bislang keine Rechnungen erstellt worden.
Mit Bescheid vom 04.02.2014 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Steuernummer ab, weil keine Auftraggeber vorhanden seien. Dagegen legte der Kläger am 20.02.2014 Einspruch ein und bezog sich zur Begründung auf das BFH-Urteil vom 23. September 2009 II R 66/07, BStBl II 2010 712.
Am 30.04.2014 reichte der Kläger die Einkommensteuer-, die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuererklärung 2013 beim Beklagten ein. Er erklärte Betriebseinnahmen in Höhe von 12.924 Euro und Betriebsausgaben in Höhe von 1.913 Euro, im einzelnen Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 828 Euro, Aufwendungen für Werkzeuge in Höhe von 285 Euro und Benzinkosten in Höhe von 800 Euro. Zum Nachweis legte ...