rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einbeziehung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der von einer Kommune als Gesellschafterin in eine Gesellschaft eingebrachten Straßenbeleuchtungsanlagen in die umsatzsteuerliche Mindestbemessungsgrundlage der von der Gesellschaft gegenüber der Gesellschafterin übernommenen Beleuchtungsleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat eine Gesellschaft von einer Kommune als Gesellschafterin die hoheitliche Aufgabe der Durchführung der Straßenbeleuchtung in der Kommune übernommen, wobei die Kommune als Gesellschafterin die Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Straßenbeleuchtungsanlagen getragen hat und die Beleuchtungsanlagen – ohne die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei der Gesellschaft – unentgeltlich in das Vermögen der Gesellschaft eingebracht hat, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Straßenbeleuchtungsanlagen nicht in die Mindestbemessungsgrundlage für die von der Gesellschaft an ihre Gesellschafterin erbrachten (Beleuchtungs-)Leistungen einzubeziehen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich insoweit um sonstige Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG oder um sonstige Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt.

2. Entstandene Ausgaben sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 S. 2 UStG Voraussetzung für eine Einbeziehung in die Mindestbemessungsgrundlage. Ausgaben sind dabei die Aufwendungen des Unternehmers für die Erbringung der (fiktiven) sonstigen Leistungen. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift auf Fälle, in denen keine Ausgaben entstanden sind, kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

UStG 2005 § 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Sätze 1-2, Nr. 3, Abs. 1 Sätze 1-2, § 3 Abs. 9a Nrn. 2, 1; EWGRL 388/77 Art. 27 Abs. 1, Art. 11 Teil A Abs. 6

 

Tenor

I. Die Umsatzsteuerbescheide 2005 und 2006, jeweils vom 23.02.2012, in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19.07.2013, zuletzt geändert durch Bescheide vom 09.10.2013, werden dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer auf den Betrag festgesetzt wird, der sich ergibt, wenn die Bemessungsgrundlage für die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze für das Jahr 2005 um 73.231 EUR und für das Jahr 2006 um 59.780 EUR gemindert wird.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistungen des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei Verwendung von unentgeltlich in eine Gesellschaft durch ihre Gesellschafterin eingebrachten Straßenbeleuchtungsanlagen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 des UStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung (UStG) einzubeziehen sind.

Die Klägerin wurde im Jahr … gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Versorgung mit elektrischer Energie, Gas, Wasser und Wärme. Gesellschafter der Klägerin waren zum 01.01.2005 die Stadt A als Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe von EUR … und die Stadtwerke B mit einem Anteil von … EUR.

Die Klägerin hatte für die Stadt A die hoheitliche Aufgabe der Durchführung der Straßenbeleuchtung im Stadtgebiet übernommen (Straßenbeleuchtungsvertrag vom …, geändert am … und …). Dazu zählte die Herstellung, Erweiterung, Änderung, Erneuerung, Instandhaltung und der Betrieb aller elektrischen Straßenbeleuchtungsanlagen (§ 1 des Straßenbeleuchtungsvertrages).

Das hierzu notwendige Anlagevermögen in Form der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Straßenbeleuchtungsanlagen hatte die Stadt A als Einlage in die Kapitalrücklage bei der Klägerin eingebracht. Die Klägerin schaffte für die Stadt A darüber hinaus neue Beleuchtungsanlagen an bzw. stellte diese selbst her. Nach § 6 Abs. 2 des Straßenbeleuchtungsvertrages in der Fassung vom … stellte die Klägerin der Stadt A dafür Kosten für die Anschaffung bzw. Herstellung der neuen Beleuchtungsanlagen in Rechnung. Im Nachgang legte die Stadt die Straßenbeleuchtungsanlagen wieder in das Vermögen der Klägerin ein. Gebucht wurden diese Vorgänge bei der Klägerin als Anlagevermögen an Kapitalrücklage. Eingelegt wurden nicht nur die von der Klägerin hergestellten bzw. angeschafften Wirtschaftsgüter, sondern auch solche Anlagen, die von der Stadt A selbst hergestellt bzw. angeschafft wurden. Die nachfolgende Verwendung bzw. Zurverfügungstellung der eingelegten Straßenbeleuchtungsanlagen bzw. die anfallenden jährlichen Aufwendungen aus Abschreibungen und Verschrottung wurden der Stadt A von der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Die laufenden Kosten (2005: EUR 57.178,00; 2006: EUR 76.673,00) aus der weiteren Durchführung der Straßenbeleuchtung (z.B. für Investitions- und Reparaturaufwendungen sow...

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