Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von dem Progressionsvorbehalt unterliegenden steuerfreien Lohnersatzleistungen bei der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte. Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 1999
Leitsatz (amtlich)
Treffen laufende Einkünfte, außerordentliche Einkünfte und dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte innerhalb eines Veranlagungszeitraums zusammen, sind bei der Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG i.d.F. des StEntlG vom 24.3.1999 die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte lediglich zu einem Fünftel zu dem fiktiven zu versteuernden Einkommen i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG hinzuzurechnen, wenn das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv ist.
Normenkette
EStG 1999 § 34 Abs. 1 S. 3; EStG § 32b Abs. 1 Nr. 1a
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid vom 2000 … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2000 wird geändert und die Einkommensteuer auf DM 7.590,00 und der Solidaritätszuschlag auf DM 417,45 festgesetzt.
2. Die Kosten des Rechtsstreites fallen dem Beklagten zur Last.
3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kosten des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, wie dem Progressionsvorbehalt unterliegende steuerfreie Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) bei der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte gemäss § 34 Abs. 1 S 3 EStG zu berücksichtigen sind.
Der verheiratete Kläger erzielte im Streitjahr 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM 191.742,00. Davon waren DM 162.366,00 außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4, Nr. 2 iVm § 24 Nr. 1 EStG, das heißt Abfindungszahlungen des damaligen Arbeitgebers bzw. Arbeitslohn für mehrjährige Tätigkeit. Des weiteren erhielt er Arbeitslosengeld in Höhe von DM 9.389,00 und erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von DM –93.559,00.
Er beantragte für das Streitjahr die getrennte Veranlagung sowie die ermäßigte Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte gemäss § 34 Abs. 1 EStG. Den zunächst ohne Berücksichtigung der ermäßigten Besteuerung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1999 vom … Juni 2000 änderte der Beklagte – nach Einspruch des Klägers – mit Bescheid vom Juli 2000 und setzte die nach § 34 EStG ermäßigte Einkommensteuer auf DM 12.315,00 und den Solidaritätszuschlag auf DM 677,32 fest. Diese ermittelte der Beklagte ausgehend von einem unstreitigen zu versteuernden Einkommen von DM 88.108,00 und einem unstreitigen negativen verbleibenden zu versteuernden Einkommen von – DM 8.075,00 (zu versteuerndes Einkommen DM 88.108,00 abzüglich außerordentlicher Einkünfte von DM 96.183,00) gemäss § 34 Abs. 1 S. 3 EStG unter Berücksichtigung des vollen Betrages der steuerfreien, lediglich der Steuerprogression unterliegenden Lohnersatzleistungen in Höhe von DM 9.389,00 wie folgt:
Schritt 1: Ermittlung des fiktiven Einkommens im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 3 EStG
1/5 des tarifbegünstigten Einkommens von DM 88.108,00 |
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= fiktives Einkommen |
= DM 17.621,00 |
Schritt 2: ungekürzte Hinzurechnung der Progressionseinkünfte
fiktives Einkommen |
DM 17.621,00 |
+ Progressionseinkünfte |
DM 9.389,00 |
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DM 27.010,00 |
Schritt 3: Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer und des tariflichen Steuersatzes laut Grundtabelle (Eingangssatz)
hieraus ergibt sich Eingangsstufe laut Grundtabelle |
DM 27.000,00 |
hierauf entfallende tarifliche Einkommensteuer |
DM 3.779,00 |
was einem Steuersatz von 13,9962 % entspricht |
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Schritt 4: Anwendung des Steuersatzes auf fiktives Einkommen (Eingangssatz)
DM 17.604,00 × 13,9962 % = DM 2.463,00 Einkommensteuer
Schritt 5: Ermittlung der ermäßigten Steuer
DM 2.463,00 × 5 = DM 12.315,00
Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers vom Juli 2000 blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom September 2000). Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Über die gleichfalls anhängigen Klagen gegen die Versagung des Erlasses der streitigen Einkommensteuer (2 K 2085/00) bzw. der Abweisung des Antrages auf abweichende Steuerfestsetzung gemäss § 163 AO (2 K 2086/00) ist derzeit noch nicht entschieden.
Der Kläger ist der Ansicht, die vom Beklagten vorgenommene Ermittlung der Einkommensteuer sei fehlerhaft, da sie zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Höhe der Steuer führe. Entgegen der Ansicht des Beklagten seien die Progressionseinkünfte (Arbeitslosengeld in Höhe von DM 9.389,00) bei der Ermittlung der ermäßigten Besteuerung nicht in voller Höhe zu dem gemäss § 34 Abs. 1 S. 3 EStG gefünftelten zu versteuernden Einkommen hinzuzurechnen. Zwar seien die bezogenen Lohnersatzleistungen vom Beklagten dem Grunde nach zutreffend bei der Ermittlung der ermäßigten Besteuerung gemäss § 34 Abs. 1 S. 3 EStG einbezogen worden. Entgegen der Auffassung des Beklag...