rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht der Leistungen aus einem Vertrages über den Betrieb eines Freibades. Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Erfolgt die Überlassung eines Freibades durch eine Stadt auf der Basis eines Pachtvertrages und damit einer privatrechtlichen Vereinbarung, übt die Stadt eine umsatzsteuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit aus und unterhält einen Betrieb gewerblicher Art gem. § 2 Abs. 3 UStG unabhängig vom Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
2. Die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Badebetriebes seitens der Stadt an den Pächter gezahlten Betriebskostenzuschüsse stellen ein zusätzliches pauschales Entgelt für die durch den Pächter an die Freibadbesucher erbrachten Leistungen dar, aus dem der Stadt ein Vorsteuerabzug i. H. v. 7 % zusteht, da die Leistungen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schwimmbades stehen.
Normenkette
UStG 2005 § 2 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 9, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5, Art. 12 Abs. 3a; EWGRL 388/77 Anh. H Nr. 13; Richtlinie 2006/112/EG Art. 13; KStG § 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Umsatzsteuerbescheide für 2007, für 2008 und für 2009 werden dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer für 2007 auf … und für 2008 und 2009 jeweils auf … festzusetzen ist.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Leistungen aufgrund eines Vertrages über den Betrieb eines Freibades umsatzsteuerpflichtig sind.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Freibades, das sie zunächst selbst als Betrieb gewerblicher Art (künftig: BgA) führte. Seit dem 1. Januar 2007 verpachtete sie das Freibad. Dazu schloss sie mit Herrn X einen „Pacht- und Betriebsführungsvertrag”. In der Präambel hielten die Vertragsparteien fest, dass die Kosten für den Betrieb nicht durch die Einnahmen gedeckt würden und der Vertrag das Ziel habe, den sicheren Betrieb des Bades weiterhin zu gewähren sowie die Effektivität und Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
Präambel:
„Dazu (= Sicherstellung des Badbetriebes) pachtet der Pächter das gesamte Grundstück des Bades, dessen Umfang aus der Anlage ersichtlich ist, einschließlich der kompletten Badanlage, betreibt das Bad im Auftrag der Stadt und stellt es in gleicher Weise der Öffentlichkeit zur Verfügung, wie dies bisher die Stadt selbst getan hat. Die Stadt wird dem Pächter die aus Eintrittsgeldern und sonstigen Einnahmen nicht zu erwirtschaftenden Betriebsaufwendungen erstatten, sofern diese allein aus einem ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Badebetrieb entstehen.
Alle im Zusammenhang mit dem Betrieb des Bades einschlägigen Vorschriften sind einzuhalten. Die Verfügbarkeit des Bades hat dem bisherigen Stand zu entsprechen, es sei denn, dass vom Pächter nicht zu beeinflussende objektive Gründe das nicht oder nicht mehr zulassen.
§ 6, Kostenbeteiligung der Stadt
(1) Die Stadt zahlt zum Ausgleich der durch den Betrieb des Bades nicht deckungsfähige Kosten (ungedeckter Aufwand) an den Pächter einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 96.000 Euro
zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Dieser Betrag wird durch die Stadt in gleichen monatlichen Raten jeweils bis zum 10. des laufenden Monats auf das Konto des Pächters bei der Sparkasse … überwiesen.
(2) Dieser Zuschuss vermindert sich, wenn Beschäftigte der Stadt der Übernahme gemäß § 5 Abs. 4 widersprechen und vom Pächter nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden. Wird nur ein Beschäftigter der Stadt vom Pächter in ein Arbeitsverhältnis übernommen, vermindert sich der Zuschuss auf 78.000 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Wird kein Beschäftigter der Stadt vom Pächter in ein Arbeitsverhältnis übernommen, vermindert sich der Zuschuss auf 71.000 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
§ 7, Eintrittspreise und Nutzungsrechte
(1) Die Eintrittspreise richten sich nach der von der Stadt erlassenen Entgeltordnung. Sie ist als Anlage Teil dieses Vertrages. Änderungen der Entgeltordnung erfolgen im Einvernehmen mit dem Pächter.
(2) Der Pächter gestattet der Stadt die Durchführung von jährlich bis zu drei Veranstaltungen im Bad. Die Kosten trägt die Stadt. Der normale Badbetrieb darf dadurch nicht behindert werden. Einzelheiten regeln Stadt und Pächter im Einzelfall einvernehmlich.”
Der Pächter hatte die Betriebskosten zu tragen und eine jährliche Pacht von EUR 1.100 ...