Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung eines vermieteten Grundstücks als Geschäftsveräußerung im Ganzen. Rechnungsberichtigung. Zeitpunkt der Berichtigung der Umsatzsteuer beim Veräußerer und des Vorsteuerabzugs beim Erwerber
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Veräußerung eines vermieteten und mit einem Café bebauten Grundstücks zusammen mit dem dazugehörigen Mietvertrag stellt eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, da alle wesentlichen materiellen Grundlagen des Unternehmens veräußert wurden. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei der Veräußerin um eine Gesellschaft handelte, die die gewerbliche Vermietung des erworbenen und bebauten Grundstückes betreiben wollte, ob es sich um ein Bauträger-Unternehmen handelte, das ein erworbenes Grundstück nach dessen Bebauung an einen Abnehmer veräußern wollte oder ob zwischenzeitlich eine Änderung des Gesellschaftszwecks von Ersterem zu Zweitem stattgefunden hat.
2. Erkennt der Leistende und Rechnungsaussteller zunächst nicht, dass die Leistung wegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht umsatzsteuerbar war, so kann er eine Berichtigung der Rechnung und damit der Umsatzsteuer wie ein Unternehmer vornehmen, der eine höhere als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesen hat. Danach ist die Berichtigung der Umsatzsteuer beim Veräußerer und des Vorsteuerabzugs beim Erwerber gemäß § 17 Abs. 1 UStG im Jahr der Vornahme der Berichtigung durchzuführen. Sie hat nicht (rückwirkend) für das Jahr zu erfolgen, in dem der ursprünglich falsch abgerechnete Umsatz ausgeführt worden war.
Normenkette
UStG 1999 § 1 Abs. 1a, § 17 Abs. 1 Nrn. 1-2
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt und diese zu einer Berichtigung des bereits gewährten Vorsteuerabzugs führen durfte.
Im Dezember 1995 erwarben Herr G und Herr B als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend: die Veräußerin) das Grundstück W-Straße in Z..
Die Veräußerin schloß am 01.09.1996 (als Vermieterin) mit Frau W (als Mieterin) einen Vertrag mit folgendem Wortlaut (Auszug):
„Zwischen… wird folgender Vertrag geschlossen, von dem der Vermieter bis 4 Wochen nach Abschluß diese Vertrages zurücktreten kann:
Der Vermieter errichtet auf dem Grundstück W-Straße, (…) eine gastronomische Einrichtung mit Bowlinganlage. (…) Vorbehaltlich der Tatsache, daß das Bauvorhaben fertiggestellt wird, vereinbaren die Parteien nachstehenden Mietvertrag, der 2 Wochen nach der Fertigstellung (Bauabnahme nach VOB/B) seine Gültigkeit erlangt. (…)
§ 2 – Mietzeit –
1. Der Abschluß des Mietvertrages erfolgt auf 10 Jahre. Das Mietverhältnis beginnt zwei Wochen nach baulicher Abnahme und Übergabe der Mietsache in einem funktionsgerechten Zustand an den Mieter. (…)”
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie erwarb mit notariellem Kaufvertrag und Auflassung vom 23.12.1996 das Grundstück W-Straße in Z. von der Veräußerin. In ihrem Gesellschaftsvertrag legte die Klägerin als Gesellschaftszweck die Vermietung und Verwaltung des genannten Grundstücks fest.
In dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 hatten die Veräußerin und die Klägerin unter anderem Folgendes vereinbart:
Ziffer III – Kaufpreis –
”1. Der Kaufpreis ist ein Festpreis und beträgt |
2.400.000,00 DM |
zuzüglich 15 % MwSt. |
360.000,00 DM |
insgesamt also |
2.760.000,00 DM |
(…)
4. Die Mehrwertsteuer in Höhe von 360.000,00 DM ist von den Erwerbern nicht direkt an die Verkäufer zu bezahlen. Die Mehrwertsteuer wird vielmehr im Wege der Abtretung des Vorsteuerabzugs vorgenommen.”
Ziffer IV – Bauverpflichtung –
„Der Veräußerer verpflichtet sich gegenüber dem Erwerber, auf eigene Gefahr und Rechnung das derzeit auf dem Grundstück befindliche Gebäude abzureißen und eine neue Gaststättenanlage mit mindestens 600 m² Nutzfläche, mindestens 100 (in Worten einhundert) Plätzen und mindestens 16 (in Worten sechzehn) Stellplätzen sowie mit 4 (in Worten vier) Bowlingbahnen schlüsselfertig und betriebsbereit zu errichten. …Angestrebt ist eine Fertigstellung und Eröffnung der Gaststätte zum 17.05.1997 (Pfingstsamstag). …”
Ziffer XI – Besitzübergabe –
„1. Besitz (…) gehen von dem Zeitpunkt der Abnahme an auf den Erwerber über.”
Ziffer XV – Vermietung –
„1. Mit Mietvertrag vom 28.08./01.09.1996 wurde der Vertragsgegenstand als schlüsselfertige und betriebsbereite Gaststätte vermietet an Frau Evelyne Werler. Der Mietvertrag ist als Anlage 3 Bestandteil dieser Urkunde. Der Veräußerer steht für die Rechtswirksamkeit dieses Mietvertrages und dafür, dass dieser Mietvertrag mit Eigentumsüberschreibung gemäß § 571 BGB auf den Erwerber übergeht, ein. (…)”
Ziffer XVIII – Änderungen –
„…Der Käufer übernimmt diesen Mietvertrag ab Besitzübergang mit allen Rechten und Pflichten. (…)”
Als Anlage 3 war dem Kaufvertrag als sogenannter Mietvorvertrag der oben zitierte Vertrag zwischen der Veräußeri...