Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG 1993. Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei unentgeltlicher Übertragung des Betriebsgebäudes auf die Ehefrau im Rahmen der Einstellung des Unternehmens. Umsatzsteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Voraussetzungen für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG 1993 sind nicht erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger das Eigentum an verschiedenen Wirtschaftsgütern nicht an einen Erwerber, sondern an verschiedene Personen übertragen hat.

2. Hat ein Unternehmer, der auf einem seiner Ehefrau gehörenden, an ihn verpachteten Grundstück ein Betriebsgebäude errichten ließ, innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 15 a Abs. 1 UStG 1993 die Verfügungsmacht an dem Gebäude im Rahmen der Einstellung seines Unternehmens der Ehefrau unentgeltlich verschafft, kann die dem Unternehmer für die Herstellung des Gebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nur abgesetzt werden, soweit sie auf die Zeit der Nutzung des Gebäudes durch den Unternehmer bis zur Übergabe des Gebäudes an die Ehefrau entfällt. Im übrigen ist der Vorsteuerabzug rückgängig zu machen. Die Übertragung des Betriebsgebäudes stellt eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15 a Abs. 4 UStG 1993 dar; sie führt als steuerfreier Eigenverbrauch des Unternehmers gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 UStG 1993 kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 1a, § 4 Nr. 9a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1, § 15a Abs. 1, 4

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller betrieb ein P.-Autohaus. Das hierzu erforderliche Betriebsgebäude ließ er in den Jahren 1991 bis 1993 auf einem seiner Ehefrau gehörenden Grundstück errichten, das seine Ehefrau ihm mit Vertrag vom 1.11.1991 für den Zeitraum 1.1.1992 bis zum 31.12.2006 verpachtete hatte. Das Autohaus wurde ab April 1992 zu unternehmerischen Zwecken verwendet. Die Herstellungskosten betrugen insgesamt 2.796.261 DM. Die in den Rechnungen über die bezogenen Bauleistungen ausgewiesene Umsatzsteuer (USt) i.H. von insgesamt 391.636 DM ließ der Beklagte des Verfahrens 1 K 1698/00 (das Finanzamt – FA–) als Vorsteuer zum Abzug zu.

Im Jahr 1996 sah sich der Antragsteller aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, das Geschäft aufzugeben. Er veräußerte mit notariellem Vertrag vom 21.10.1996 und Nachtrag hierzu vom 31.10.1996 die Geschäftsausstattung des Autohauses an die A.B. GmbH in Gründung (GmbH) für 425.786,00 DM. In denselben Urkunden veräußerte die Ehefrau des Antragstellers B.W. das Betriebsgelände samt Außenanlagen, aufstehendem Gebäude und Gebäudesonderzubehör an den Geschäftsführer der GmbH E.B. für 4.374.214,00 DM. Mit dem Erlös führte B.W. Kredite des Antragstellers zurück.

Die Gebrauchtfahrzeuge überliess der Antragsteller teilweise seiner Ehefrau, teilweise behielt er diese selbst. Die Neufahrzeuge (Kommissionsware) gab er an den Hersteller zurück.

Das FA setzte am 28.5.1998 gegenüber dem Antragsteller unter Vorbehalt der Nachprüfung die Umsatzsteuer (USt) für 1996 auf 67.760 DM fest.

Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung war die Prüferin der Auffassung, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vorliege und damit die Lieferung der Geschäftsausstattung an die GmbH eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung darstelle. Außerdem beurteilte sie die Überlassung des vom Antragsteller errichteten Gebäudes an seine Ehefrau als steuerfreien Eigenverbrauch, der gem. § 15 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu einer Vorsteuerberichtigung führe.

Das FA folgte der rechtlichen Beurteilung der Prüferin und setzte am 16.07.1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die USt für 1996 auf 270.938,20 DM fest. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 25.07.2000, in der der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde).

Mit der Klage trägt der Antragsteller vor, er habe sich mit der GmbH auf einen Nettopreis von 425.786,00 DM für die Geschäftsausstattung geeinigt. Da eine Betriebsveräußerung im Ganzen vorliege, unterliege dieser Vorgang aufgrund des Befreiungstatbestandes des § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer.

Der Kläger beantragt unter Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ihm zur Durchführung des anhängigen Klageverfahrens 1 K 1698/00 gegen den USt-Bescheid vom 16.7.1998 Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Dem Antrag auf Gewährung von PKH ist abzulehnen.

Gem. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 142 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Antragsteller nac...

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