Entscheidungsstichwort (Thema)
Lieferung von Äpfeln durch private Obsterzeuger an eine Kelterei gegen verbilligte Überlassung von Mischsäften mit Apfelanteil oder von Drittsäften ohne Apfelanteil als Tausch mit Baraufgabe. Saftherstellung als Werkleistung. umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Lieferung von Äpfeln durch private Obsterzeuger an eine Kelterei gegen Preisnachlass beim Bezug von Mischsäften mit Apfelanteil sowie von Drittsäften ohne Apfelanteil ist keine Materialbeistellung. Vielmehr liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor.
2. Die Saftherstellung ist eine Werkleistung, in deren Bewertung neben der Barleistung bei der Lieferung von Säften ohne Apfelanteil (z. B. Orangensaft) der Wert aller angelieferten Äpfel, bei der Lieferung von Mischgetränken hingegen der Wert der angelieferten Äpfel anteilig insoweit einzubeziehen ist, als diese entsprechend dem Mischverhältnis nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet wurden.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 4 S. 1, Abs. 12 S. 1, § 10 Abs. 2 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine Kelterei. Regelmäßig zur Erntezeit liefern Privatpersonen ihre eigenen Äpfel an. Sie erhalten dafür kein Bargeld vom Kläger. Vielmehr können sie vom Kläger Obstsaft billiger beziehen als jene Kunden, die kein Obst anliefern. Soweit der Kunde Äpfel anliefert und ausschließlich Apfelsaft bezieht, ist dieser Sachverhalt nach übereinstimmender Auffassung des Klägers und des Finanzamtes als Materialbeistellung zu behandeln, die nicht Gegenstand eines Leistungsaustausches ist. Streitig ist hingegen die Behandlung der Fälle, in denen der Kunde Äpfel anliefert und Mischgetränke mit Apfelanteil (z.B. Apfel-Orangensaft) oder Drittsäfte ohne Apfelanteil (z.B. reiner Orangensaft) abnimmt. In diesen Fällen ist nach Auffassung des Beklagten bei der Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Lieferung an den Kunden der Wert der gelieferten Äpfel, die nicht für die Herstellung des eingetauschten Getränks verwendet werden, zu dem vom Kunden bezahlten – verbilligten – Betrag hinzuzuaddieren (Tausch mit Baraufgabe). Der Beklagte folgt insoweit der Rechtsauffassung des Prüfers im Rahmen einer beim Kläger stattgefundenen Außenprüfung für den (nicht streitgegenständlichen) Zeitraum 1998 bis 2000. Nach Ermittlungen des Prüfers erhielt der Obsterzeuger die Keltereiprodukte durchschnittlich 30 % günstiger gegenüber dem normalen Handelspreis. Von dem durchschnittlichen Preisnachlass entfielen nach Berechnung des Prüfers 65 % auf einen sog. Treuerabatt und 35 % auf die angelieferten Äpfel. Den Wert von je 100 kg angelieferter Äpfel bezifferte der Prüfer auf 20,00 DM. Für 100 kg angelieferte Äpfel wurden 88 Flaschen verbilligt abgegeben, was einem Wertanteil der angelieferten Äpfel von 0,227 DM je Flasche entsprach. Auf Anlage 9 zum Prüfungsbericht des FA Bautzen vom 10.04.2003 für den Prüfungszeitraum 1998 bis 2000 wird Bezug genommen. Über das Ergebnis der Schlussbesprechung vom 10.04.2003 hat der Klägervertreter einen Aktenvermerk angefertigt, auf den verwiesen wird (Anlage K2, Bl. 6f. dA).
Am 01.07.2005 reichte der Kläger die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2004 beim Beklagten ein, die zu einer Umsatzsteuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO i.H. von 54.686,56 EUR führte (Abschlusszahlung 977,34 EUR). Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Prüfers wurden angelieferte Äpfel mit einem Wert von 7.840,30 EUR in die Bemessungsgrundlage einbezogen und eine hieraus resultierende Umsatzsteuer i.H. von 1.254,42 EUR erklärt:
An anliefernde Obsterzeuger abgegeben |
Bemessungsgrundlage |
16 % USt |
68.103 Flaschen Drittsaft × 0,10 EUR |
6.810,30 EUR |
1.089,64 EUR |
20.600 Flaschen Mischsaft × 0,05 EUR |
1.030,00 EUR |
164,78 EUR |
Summe |
7.840,30 EUR |
1.254,42 EUR |
Dem zugrunde liegt der Wertansatz des Betriebsprüfers für angelieferte Äpfel (20 DM bzw. 10,23 EUR für 100 kg). Hieraus resultierte eine Gutschrift für den rabattierten Bezug von 88 Flaschen i.H. von 0,116 EUR brutto pro Flasche (20 DM: 88 Flaschen = 0,227 DM bzw. 0,116 EUR). Daraus errechnete der Klägervertreter für eine Flasche reinen Drittsaft ohne Apfelanteil (100 % Orange) einen – im Zusammenhang mit den angelieferten Äpfeln stehenden – steuerpflichtigen Rabatt von 0,116 EUR brutto/0,10 EUR netto. Bei Mischsäften reduzierte sich der steuerpflichtige Rabatt in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis, z.B. bei Apfel-Orangesaft mit einem Mischungsverhältnis von 50/50 auf 0,05 EUR netto. Wegen der Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk des Prozessbevollmächtigten über das Ergebnis der Schlussbesprechung Bezug genommen (Bl. 6/7 dA).
Mit Schreiben vom 29.06.2005 begehrte der Prozessbevollmächtigte gemäß § 164 Abs. 2 AO eine Änderung der auf der Umsatzsteuererklärung beruhenden Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr dahingehend, dass angelieferte Äpfel nicht in die Bemessungsgrundlage für ...