Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenmeldung des volljährigen, unter 21 Jahre alten Kindes durch Antrag auf ALG II in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem tatsächlichen Beginn der Arbeitslosigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der ab 1.1.2003 gültigen Fassung braucht das volljährige Kind nicht mehr arbeitslos im Sinne des SGB III zu sein, es genügt vielmehr, dass das noch nicht 21 Jahre alte Kind nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einem Arbeitsamt im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.
2. Sucht das volljährige, noch nicht 21 Jahre alte Kind, das sich in Berufsausbildung befindet und Leistungen zur Sicherungen des Lebensunterhalts (ALG II) bezieht, in einem Zeitraum von drei Monaten vor Ende der Berufsausbildung die für das ALG II zuständige Behörde (hier: ARGE), auf, um dort bekannt zu geben, dass es nach Beendigung der Ausbildung ohne Beschäftigung sein wird und insofern geänderte Leistungen erforderlich sein werden, so ist die Behörde nach § 3 Abs. 2 SGB II verpflichtet, das erwerbsfähige hilfebedürftige Kind unverzüglich nach Antragstellung in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln. Die Voraussetzungen für eine den Kindergeldanspruch begründende Arbeitslosenmeldung sind damit erfüllt. Gibt das Kind ferner im ersten Monat nach Ende der Berufsausbildung persönlich bei der ARGE einen Antrag auf Fortzahlung des ALG II ab, so macht es damit deutlich, dass die angezeigte Sachlage der Arbeitslosigkeit weiter fortdauert. Weitere Erklärungen wie etwa die ausdrückliche Versicherung, arbeitsbereit und -willig zu sein, sind nicht notwendig.
3. Für den Kindergeldanspruch für arbeitslose Kinder ist es unerheblich, ob die zuständige Behörde die persönlichen Mitteilungen über die Arbeitslosigkeit auch zutreffend in ihren Unterlagen sowie in ihrer EDV erfasst und entsprechend umgesetzt hat. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des BFH (z.B. BFH, Urteil v. 20.11.2008, III R 10/06, BFH/NV 2009, 567).
Normenkette
EStG 2003 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 2; SGB III § 38 Abs. 4 Sätze 1-2, § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB II § 3 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 28. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für das Kind J. für den Zeitraum von August bis Oktober 2006 zu gewähren.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin streitet mit der Beklagten um das Kindergeld für ihre Tochter J für den Zeitraum von August bis Oktober 2006.
J., die am 13. März 1988 geboren ist, absolvierte vom 23. August 2004 bis zum 21. Juli 2006 eine Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin. Ausbildungsbezüge erhielt J nach Aktenlage nicht. Die Beklagte gewährte der Klägerin Kindergeld für J , dessen Auszahlung sie mit einer Befristung bis Ende Juli 2006 versah. Im August 2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass J ihre Abschlussprüfung am 21. Juli 2006 absolviert hatte.
J. erhielt zunächst aufgrund eines Bewilligungsbescheides vom 21. Februar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II – ALG II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Bescheid sah eine Zahlung bis zum 31. August 2008 vor. Ferner erhielt J bis zum Ende ihrer Ausbildung Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Unter dem 13. Juni 2006 erließ die für J zuständige ARGE C (im Folgenden: ARGE) einen Änderungsbescheid, mit dem sie das ALG II mit Wirkung ab 01. August 2006 erhöhte. Die Befristung bis zum 31. August 2006 blieb bestehen. Als Grund für die Änderung gab die ARGE den Wegfall der Leistungen nach dem BAföG zum 31. Juli 2006 an. Dem Vortrag der Klägerin zufolge erging dieser Änderungsbescheid aufgrund einer Vorsprache von J , in der sie die ARGE über die Änderung der Verhältnisse und ihre Beschäftigungslosigkeit ab dem 01. August 2006 informierte. Mitte August 2006 sprachen J und die Klägerin zusammen bei der ARGE vor und beantragten die Fortzahlung des ALG II für J als beschäftigungsloses Mitglied in der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin. Welche Bekundungen J im Zusammenhang mit diesem Antrag im Übrigen abgab, ist zwischen den Beteiligten im Streit. Mit Bescheid vom 24. August 2006 erließ die ARGE einen Änderungsbescheid an die Klägerin, mit dem sie unter anderem die Gewährung des ALG II für J vom 01. September bis zum 30. November 2006 bewilligte.
Am 04. September 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Weitergewährung des Kindergeldes für J. Die Beklagte ließ diesen Antrag unbearbeitet. Den erneuten ...