Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Existenzgründer-Ansparrücklage für freiberuflich tätige GbR bei vorheriger freiberuflicher Tätigkeit eines Gesellschafters in geringfügigem Umfang. Auflösung einer zu Unrecht gebildeten und vom FA zunächst anerkannten Existenzgründer-Ansparrücklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Mitunternehmerschaft ist nur dann als Existenzgründer anzusehen, wenn alle Gesellschafter die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG erfüllen. Das ist bei einer freiberuflich tätigen GbR nicht der Fall, wenn einer der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung entsprechende freiberufliche Einkünfte in geringfügigem Umfang erzielt hat. Eine Bagatellgrenze sieht das Gesetz insoweit nicht vor.
2. Hat das FA gleichwohl in einer Anlage zum –bestandskräftig gewordenen– Feststellungsbescheid festgehalten, dass eine Ansparrücklage „nach § 7g Abs. 7 EStG gebildet wurde”, so ist diese Rücklage in den Folgejahren nach § 7g Abs. 4 S. 2, Abs. 5 und 6 EStG (Zweijahreszeitraum für die Auflösung, Gewinnzuschlag) aufzulösen. Die Nicht-Anwendbarkeit von § 7g Abs. 7 EStG führt in diesem Fall nicht dazu, dass der Abzug als Betriebsausgabe (§ 7g Abs. 6 EStG) in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Ansparrücklage gebildet wurde, rückgängig gemacht wird.
Normenkette
EStG 1998 § 7g Abs. 7 S. 2 Nrn. 1-2, Abs. 4 S. 2, Abs. 5-6
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger betreiben seit dem 1. Januar 1995 eine Rechtsanwaltskanzlei in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Vorher hatte der Kläger zu 1 u.a. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.H. von 1.915 DM (1992), – 11.004 DM (1993) und 4.094 DM (1994) erzielt. Die Kläger ermitteln ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Ansparabschreibungen wurden wie folgt gebildet:
1996: |
40.000 DM |
1997: |
60.000 DM |
1998: |
55.000 DM |
Die Kläger lösten im Streitjahr 1998 die im Jahr 1996 gebildete Ansparabschreibung i.H.v. 40.000 DM auf.
Der Beklagte (das Finanzamt) folgte zunächst den Angaben der Kläger und erließ für 1996, 1997 und 1998 entsprechende Feststellungsbescheide. In der Anlage zum Feststellungsbescheid 1997 vom 12. April 1999, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, heißt es u. a.: „Die Ansparrücklage im Jahr 1997 wurde nach § 7g Abs. 7 EStG gebildet.”
Bei einer Betriebsprüfung war der Prüfer der Auffassung, dass der Kläger zu 1 kein Existenzgründer sei und demgemäß die Ansparabschreibungen nach § 7 g Abs. 3-5 EStG aufzulösen seien. Das Finanzamt folgte der Beurteilung des Prüfers und stellte mit Änderungsbescheiden vom 19. Dezember 2003 die Einkünfte für die Streitjahre 1998-2000 wie folgt fest:
1998: |
94.165 DM |
(ursprünglich: 84.687 DM) |
1999: |
139.006 DM |
(ursprünglich: 71.506 DM) |
2000: |
129.443 DM |
(ursprünglich: 67.482 DM) |
Hierbei hatte es die Ansparanschreibung von 1997 (60.000 DM) und 1998 (55.000 DM) in den Veranlagungsjahren 1999 und 2000 aufgelöst und gem § 7g Abs. 5 EStG einen Gewinnzuschlag von 4.800 DM (1998), 7.200 DM (1999) und 6.600 DM (2000) vorgenommen.
Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2004) haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Meinung, dass sie Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 S. 2 EStG seien. Der Fall, dass in der Vorbereitungsphase der Betriebseröffnung geringfügige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt worden seien, sei vom Gesetz nicht geregelt. Da das Gesetz die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nur dann als schädlich ansehe, wenn sie größer als ein Zehntel ist, seien auch geringfügige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit unschädlich. Zudem seien die Einkünfte im Zeitraum der Betriebseröffnung erzielt worden. Aus der Anlage zum Feststellungsbescheid vom 12. April 1999 ergebe sich, dass die Ansparrücklage im Jahre 1997 nach § 7g Abs. 7 EStG wirksam und bestandskräftig gebildet worden sei. Das Finanzamt habe daher einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sie sich hätten verlassen können. Für den Fall, dass die GbR nicht als Existenzgründer zu behandeln sei, entfalle die Möglichkeit, eine Rücklage zu bilden, rückwirkend. Eine Verzinsung nach § 7 Abs. 5 EStG komme daher nicht in Betracht.
Die Kläger beantragen,
die Festellungsbescheide vom 19. Dezember 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2004 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Steuerakten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat die 1997 und 1998 gebildeten Rücklagen zu Recht im zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahr gewinnerhöhend aufgelöst und einen Gewinnzuschlag vorgenommen. Das Finanzamt hat hierbei die Regelung des § 7 g Abs. 4 S. 2 EStG, wonach eine Rücklage gewinnerhöhend...