Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei Erwerb einer Eigentumswohnung durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung keine Kürzung des Meistgebots als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um anteilig miterworbene Instandhaltungsrücklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine Eigentumswohnung bei einer Zwangsversteigerung erworben, ist das Meistgebot ohne eine Kürzung um die anteilige Instandhaltungsrücklage als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer heranzuziehen.
2. Seit der mit Wirkung ab 1.7.2007 erfolgten Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) steht die bereits gebildete Instandhaltungsrücklage in der Rechtsträgerschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht etwa des einzelnen Wohnungseigentümers und kann daher weder bei einem rechtsgeschäftlichen Eigentümerwechsel noch bei einem Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4; WEG § 10 Abs. 6 Sätze 1-2, Abs. 7 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Grunderwerbsteuer für den Erwerb einer Eigentumswohnung um einen Anteil für die Instandhaltungsrücklage zu kürzen ist.
Durch Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren vom 21. Oktober 2010 erwarb der Kläger die Eigentumswohnung Nr. 5 im Objekt G. 15 in D. Das Meistgebot betrug 35.500,– EUR; eingetragene Rechte blieben nicht bestehen. Der Beklagte setzte die Grunderwerbsteuer auf das Meistgebot ohne Abschläge fest.
Der Kläger legte ein Schreiben der Dr. … GmbH vor, in dem diese die anteilige Instandhaltungsrücklage für die zugeschlagene Wohneinheit Nr. 5 mit 1.677,52 EUR bezifferte. Für eine weitere Wohneinheit im Objekt G. 15, die Gegenstand eines anderen Erwerbsvorgangs war, sollte die anteilige Instandhaltungsrücklage 1.036,71 EUR betragen. Der Kläger vertrat die Auffassung, beide Beträge seien von der Bemessungsgrundlage für den Erwerb der Wohnung Nr. 5 abzuziehen. Die Grunderwerbsteuer sei um 1.147,– EUR zu mindern. Der Beklagte behandelte die Einwendungen als Einspruch und wies diesen als unbegründet zurück.
Der Kläger trägt vor, die anteilige Instandhaltungsrücklage gehe zwingend mit der Eigentumswohnung auf den Erwerber über und sei nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Oktober 1991 (II R 20/89, BStBl. II 1992, 152) nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Auch eine Zwangsversteigerung sei ohne die anteilige Instandhaltungsrücklage nicht denkbar, da die Instandhaltungsrücklage nicht vom Eigentum an der Wohneinheit getrennt werden könne. Soweit das Gericht auf die seit dem 1. Januar 2007 geänderte Fassung von § 10 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) hinweise, ergebe sich daraus nichts anderes.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 16. November 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2012 dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer um 1.147,– EUR gemindert wird; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Instandhaltungsrücklage gehöre nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Die Rücklage stehe kausal nicht im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung, sondern solle zukünftig anfallende Instandhaltungsaufwendungen abdecken.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die zum Streitfall übergebene Steuerakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Beklagte hat die Grunderwerbsteuer zutreffend auf das Meistgebot festgesetzt.
Gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung. Als Gegenleistung gelten beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben.
Danach war die Grunderwerbsteuer im Streitfall nach dem Betrag von 35.500,– EUR zu bemessen, da dieser nach dem Zuschlagsbeschluss vom 21. Oktober 2010 das Meistgebot darstellte und keine Rechte bestehen blieben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits die Festlegung im Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG eine Minderung der Bemessungsgrundlage ausschließt oder ob Betrachtungen zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs eine Korrektur erfordern könnten. Die streitige Instandhaltungsrücklage war nicht Gegenstand des besteuerten Erwerbsvorgangs.
Mit Wirkung ab 1. Juli 2007 wurde das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) umfassend geändert. Der Gesetzgeber schloss sich im Rahmen dieser Neufassung des WEG unter anderem der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Urteil vom 2. Juni 2005 (V ZB 32/05, NJW 2005, 2061 m. w. ...