rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung einer Eigentümergrundschuld aus einer Sicherungshypothek. Keine Vollstreckung von ohne Hauptforderung geltend gemachten Säumniszuschlägen ohne Leistungsgebot und nicht festgesetzten Vollstreckungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Pfändet das FA, obwohl bei Gericht ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde, eine aus einer eigenen Sicherungshypothek hervorgegangene Eigentümergrundschuld unmittelbar ohne Aufhebung des Grundpfandrechts und der Erteilung einer Löschungsbewilligung, sowie ohne das Gericht zu informieren und das Erkennen lassen einer Ermessensentscheidung, ist die Pfändungsverfügung rechtswidrig. Dies gilt zudem, wenn trotz teilweisem Widerruf der Pfändung in vollem Umfang von der Pfändung Gebrauch gemacht wurde (hier: Einreichung einer unrichtigen Pfändungsurkunde beim Grundbuchamt) und der gerichtliche Beschluss über die Aufhebung der Vollziehung missachtet wird.

2. Die Vollsteckung von ohne Hauptforderung geltend gemachten Säumniszuschlägen erfordert das vorherige Ergehen eines Leistungsgebots.

3. Die schlichte Aufnahme von bisher nicht festgesetzten Vollstreckungskosten in die Anlage zur Pfändungsverfügung ist nicht als festsetzender Verwaltungsakt, sondern als bloße Aufschlüsselung der Pfändungssumme anzusehen. Die Beitreibung nicht festgesetzter Vollstreckungskosten ist rechtswidrig.

 

Normenkette

AO § 257 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1, § 249 Abs. 1 S. 1, § 346 Abs. 2 S. 1, § 254 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 5, 218 Abs. 1 S. 1; VollstrA Abschn. 4 Abs. 4 Sätze 4-5; FGO § 69 Abs. 3 S. 1; BGB § 1163

 

Tenor

1. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 06. Februar 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 05. September 2007 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Pfändung einer Eigentümergrundschuld aus einer Sicherungshypothek.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Wegen offen gebliebener Umsatzsteuerschulden für 1997 in Höhe von 89.196,27 EUR hatte die Vollstreckungsstelle des Beklagten im Mai 2003 eine Sicherungshypothek über 45.000,– EUR zu Lasten des klägerischen Grundstücks eintragen lassen. Am 08. November 2005 bestand die Umsatzsteuerforderung noch in Höhe von 482,54 EUR. Für das Jahr 1996 verzeichnete der Beklagte zu diesem Zeitpunkt offene Umsatzsteuerforderungen von 82.038,30 EUR sowie für 1998 solche in Höhe von 570,18 EUR. Die Klägerin hatte die zu Grunde liegenden Steuerfestsetzungen für 1996, 1997 und 1998 nach erfolglosem Vorverfahren am 16. Juni 2005 mit der Klage angefochten und Aussetzung der Vollziehung (AdV) für die genannten Steuerbeträge beantragt. Das Gericht hatte den Beklagten gebeten, bis zur Entscheidung über den AdV-Antrag keine Vollstreckungsmaßnahmen in Bezug auf die streitigen Beträge durchzuführen und dem Gericht, sobald eine anderweitige Absicht bestehe, unverzüglich unter Angabe der Gründe Mitteilung zu machen.

Ohne das Gericht zu unterrichten, beantragte der Beklagte am 08. November 2005 wegen einer Forderungssumme von 118.164,90 EUR die Eintragung einer weiteren Sicherungs-hypothek in das Grundbuch des klägerischen Grundstücks. Der Hauptanteil dieser Summe entfällt auf die streitigen Steuerforderungen nebst Zinsen und Säumniszuschlägen von insgesamt 110.201,02 EUR. In die Aufstellung der Steuerforderungen für die Eintragung der Zwangshypothek hatte der Beklagte ferner Umsatzsteuerforderungen für das Jahr 2003 und für das vierte Quartal 2004 nebst Säumniszuschlägen von zusammen 6.018,20 EUR, Vollstreckungskosten von 101,60 EUR sowie weitere Säumniszuschläge ohne Hauptschuld von insgesamt 1.844,08 EUR aufgenommen. Im Grundbuch folgte die neue Sicherungs-hypothek derjenigen über 45.000,– EUR unmittelbar nach.

Am 15. Dezember 2005 fragte die Rechtsbehelfstelle des Beklagten bei Gericht an, wie es in der AdV-Sache aussehe, da die Vollstreckungsstelle angefragt habe. Das Gericht teilte mit, dass Steuerakten fehlten. Aufgrund des bisher bekannten Sachverhaltes bestünden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide. Die Rechtsbehelfstelle des Beklagten erklärte, sie werde die Vollstreckungsstelle entsprechend unterrichten.

Unter dem 06. Februar 2006 führte die Vollstreckungsstelle in Bezug auf die zuletzt genannten Steuerforderungen und Nebenleistungen sowie Vollstreckungskosten von nunmehr 152,80 EUR eine weitere Vollstreckungsmaßnahme durch – wiederum ohne Mitteilung an das Gericht. Sie erließ die streitgegenständliche Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit der sie die bereits entstandene und zukünftig entstehende Eigentümergrundschuld aus der Sicherungshypothek über 45.000,– EUR pfändete und der Klägerin jegliche Verfügung...

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