Entscheidungsstichwort (Thema)
einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung 1994
Tenor
1. In Abänderung der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1994 vom 04. Juni 1996 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 1997 werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf ./. 748.796,06 DM festgestellt.
2. Die bis zum 27. Januar 1998 entstandenen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin; die danach entstandenen Kosten der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Grundstücksgemeinschaft, bat den Beklagten (das Finanzamt –FA–) um Fristverlängerung zur Abgabe der Feststellungserklärung 1994 bis zum 31. Dezember 1995. Am 2. Mai 1996 kündigte das FA für den Fall der Nichtabgabe der Erklärung bis zum 20. Mai 1996 die Schätzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 100.000 DM an. Am 4. Juni 1996 erließ das FA gemäß §§ 162 Abs. 1, 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen entsprechenden Schätzungsbescheid.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und kündigte das Nachreichen der Feststellungserklärung an. Nach Erinnerung durch das FA sagte die Klägerin die Abgabe der Feststellungserklärung bis spätestens 20. September 1996 zu. Durch Bescheide vom 22. Oktober 1996, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am selben Tage zugestellt, hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO 1977 auf und setzte gemäß § 364 b Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 eine Frist bis zum 30. November 1996 zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sich die Klägerin beschwert fühlt, insbesondere der bei der Schätzung nicht berücksichtigten steuermindernden Sachverhalte.
Nachdem die Feststellungserklärung nicht beim FA eingegangen war, wies es den Einspruch der Klägerin durch Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 1997 als unbegründet zurück, wogegen sich die vorliegende Klage richtet. Mit Klageerhebung vom 12. Februar reichte die Klägerin die Feststellungserklärung für 1994 bei Gericht sowie in Kopie beim FA ein.
Die Klägerin macht geltend, die Fristsetzung gemäß § 364 b AO 1977 sei wegen fehlender Rechtsbehelfsbelehrung nicht wirksam geworden bzw. die Einspruchsfrist habe sich auf ein Jahr verlängert. Aufgrund des gegen die Fristsetzung eingelegten Einspruches (vgl. Bl. 72) könne das FA die Gewinnfeststellung antragsgemäß durchführen.
- Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 1997 die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1994 vom 4. Juni 1996 dahingehend abzuändern, daß erklärungsgemäß ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung von 748.796,06 DM festgestellt wird.
- Das FA beantragt Klageabweisung.
Es trägt vor, die eingereichte Feststellungserklärung sei schlüssig. Wortlaut, Sinn und Zweck des § 364 b Abs. 2 Satz 1 AO 1977 sprächen jedoch dagegen, diese Erklärung zu berücksichtigen. Anderenfalls könne die vom Gesetzgeber gewollte Präklusion allein durch Klageerhebung unterlaufen werden. Zudem ergebe sich aus § 100 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), daß das Gericht in Schätzungsfällen stets zu eigener Sachaufklärung verpflichtet sei. Es könne zwar nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Berechnung des Steuerbetrages dem FA überlassen, müsse aber nach § 76 Abs. 1 FGO zuvor den Sachverhalt vollständig aufklären. Gegen eine weitere Sachverhaltsaufklärung seitens des FA in Fällen erfolglos gesetzter Präklusionsfristen spreche schließlich auch die Stellung des § 76 Abs. 3 FGO im Gesetz. Der Gesetzgeber habe durch diese Vorschrift dem Ausschlußergebnis des § 364 b AO 1977 auch im finanzgerichtlichen Verfahren –mit den aus der entsprechenden Anwendbarkeit des § 79 b FGO resultierenden Einschränkungen– Geltung verschafft. Allerdings habe der Gesetzgeber diese Regelung nicht einfach an § 76 FGO a.F. angefügt. Vielmehr habe er aus dem ursprünglichen Abs. 3, der die Sachverhaltsaufklärung seitens des FA regelt, den jetzigen Abs. 4 gemacht. Damit habe der Gesetzgeber der Ausschlußwirkung des § 364 b AO 1977 Vorrang vor weiterer Sachverhaltsermittlung durch das FA eingeräumt. Demnach obliege es allein dem Gericht, die Feststellung zu treffen, ob die Berücksichtigung der eingereichten Feststellungserklärung zu einer schädlichen Verzögerung führt. Bereits die Berücksichtigung einer vollständigen und schlüssigen Steuererklärung könne zu einer Verzögerung führen, wenn dies mehr Zeit beansprucht als die Überprüfung, ob die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen rechtmäßig ist. Angesichts des Umstands, daß die §§ 364 b AO 1977, 76 Abs. 3 FGO auch die Finanzgerichte entlasten sollten, liege es unter Hinweis auf das Urteil des FG des Saarlandes vom 21. Februar 1997 1 K 166/96, EFG 1997, 651 nahe, wenn das Gericht i...