Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine neue Tatsache bei Einreichung aller für die Beiträge zur Sächsischen Ärzteversorgung relevanten Unterlagen mit der Steuererklärung und doppeltem Abzug der Beiträge infolge unrichtiger Eintragungen in der Steuererklärung
Leitsatz (redaktionell)
Hat eine angestellte Ärztin beim FA mit der Einkommensteuererklärung sowohl die Jahreslohnsteuerbescheinigung als auch einen Jahreskontoauszug der Sächsischen Ärzteversorgung mit der Gesamtbeitragssumme für das Jahr eingereicht, hat sie aber den Mantelbogen unrichtig ausgefüllt und ist es deswegen bei den Vorsorgeaufwendungen zu einem teilweise doppelten Abzug der Beiträge gekommen, so ist das FA nicht zu einer Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids nach 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt, wenn der Veranlagungsbeamte aufgrund der gesamten in der Einkommensteuererklärung gemachten Eintragungen bereits bei Erlass des Bescheides erkennen hätte können und müssen, dass die Vorsorgeaufwendungen unrichtig eingetragen waren und dass die im Jahreskontoausweis der Sächsischen Ärzteversorgung mitgeteilten Beiträge die in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für das Streitjahr enthielten, und wenn somit der Umstand, dass die der Veranlagung zugrunde gelegten Beiträge an die Sächsische Ärzteversorgung tatsächlich nicht in dieser Höhe geleistet worden sind, nicht „neu” ist.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG 2005 § 10 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Sätze 1-2, 4-6
Tenor
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2006 vom 01.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2011 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung 2006 vom 28.11.2007 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung – AO – geändert werden konnte, weil der Beklagte aufgrund einer Kontrollmitteilung vom 12.05.2010 und nachfolgender Ermittlungen feststellte, dass bei den Vorsorgeaufwendungen Beiträge zur Sächsischen Ärzteversorgung teilweise doppelt berücksichtigt wurden.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr war der Kläger Rentner und die Klägerin als leitende Oberärztin im Krankenhaus D.-F., Städtisches Klinikum, tätig.
Mit ihrer am 10.09.2007 beim Finanzamt eingegangene Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger neben den Renteneinkünften des Ehemannes und gemeinsamen Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung für die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellte Ärztin in Höhe von 63.685 Euro und Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aufgrund von Vortragshonoraren in Höhe von 207 Euro. Im Mantelbogen trugen die Kläger in Zeile 61 „Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen u. zu berufsständigen Versorgungseinrichtungen lt. Nr. 23 d. Lohnsteuerbescheinigung (Arbeitnehmeranteil)” entsprechend Zeile 23 der Lohnsteuerbescheinigung „Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufständige Versorgungseinrichtungen” den Betrag von 5.148 Euro ein. In Zeile 62 des Mantelbogens „Beiträge zu landwirtschaftl. Alterskassen sowie zu berufständigen Versorgungseinrichtungen bei Nichtarbeitnehmern, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen” trugen die Kläger den Betrag von 11.154 Euro ein. Diesen hatten sie einem Jahreskontoausweis für das Jahr 2006 der Sächsischen Ärzteversorgung von Februar 2007 entnommen. Dort wurde der Klägerin „mit Kontostand vom 31.12.2006 die auf ihrem Konto im Jahr 2006 bei der Sächsischen Ärzteversorgung eingegangene Beitragssumme” mit 11.154 Euro mitgeteilt. In Zeile 65 des Mantelbogens „Arbeitgeberanteil zu gesetzlichen Rentenversicherungen, Zuschüsse zu berufständigen Versorgungseinrichtungen lt. Nr. 22 der Lohnsteuerbescheinigung” trugen die Kläger entsprechend Zeile 22 der Lohnsteuerbescheinigung der Klägerin „Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufständige Versorgungseinrichtungen” den Betrag von 5.148 Euro ein.
Mit Bescheid vom 28.11.2007 wurden die Kläger zur Einkommensteuer veranlagt. Bei den Sonderausgaben wurden die Altersvorsorgeaufwendungen der Klägerin in Höhe von 21.450 Euro (5.148 Euro + 11.154 Euro + 5.148 Euro) nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 2a und Abs. 3 Sätze 1 und 2 und Sätze 4 bis 6 Einkommensteuergesetz – EStG – berücksichtigt.
Aufgrund einer Kontrollmitteilung der Oberfinanzdirektion C. vom 12.05.2010 über Auffälligkeiten bei den mit der Veranlagung für die Ehefrau erfassten Vorsorgeaufwendungen untersuchte das Finanzamt, ob aufgrund vollumfänglicher Bescheinigung von Beiträgen durch den Versorgungsträger und dem zusätzlichen Ausweis der Beiträge auf der Lohnsteuerbescheinigu...