rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb gewerblicher Art einer Kommune durch entgeltliche Verpachtung eines dauerdefizitären Sportzentrums aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags an eine Enkelgesellschaft unter Vereinbarung einer Verpflichtung der Gemeinde zum Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste der Pächterin
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Gemeinde unterhält mit dem Neubau und der nachfolgenden entgeltlichen Verpachtung eines Sportzentrums (bestehend u. a. aus einer Dreifeldturnhalle, einem Freizeitbad sowie einem Verbindungsbau mit gastronomischen Einrichtungen) aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags an eine Enkelgesellschaft – als Betreiberin des Sportzentrums – einen Betrieb gewerblicher Art und ist somit unternehmerisch tätig i. S. d. UStG, wenn die Pächterin eigentlich dem Verpächter obliegende Verpflichtungen übernimmt (hier: Tragung der Betriebskosten und Unterhalt der Anlagen durch Pächterin).
2. Das gilt auch dann, wenn die Gemeinde mit der Pächterin zusätzlich einen handelsrechtlichen Verlustausgleich vereinbart hat und der jährlich von der Gemeinde an die Pächterin gezahlte Verlustausgleich deutlich höher als die jährlichen Pachtzahlungen der Pächterin ist.
3. Auch eine vermögensverwaltende Tätigkeit kann zum unternehmerischen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehören oder die Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts begründen. Handelt die juristische Person des öffentlichen Rechts dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen wie z. B. das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht oder eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, nicht an (Anschluss an die BFH-Rspr.).
Normenkette
UStG § 2 Abs. 3 S. 1; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4-5, § 8 Abs. 7; RL 2006/112/EG Art. 13 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Änderungsbescheide über Umsatzsteuer vom 5. Oktober 2012 (2006 und 2007) und vom 1. Oktober 2012 (2008 – 2010) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2013 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckbaren Betrages leistet.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin plante seit 1996 die Errichtung eines Freizeit- und Erholungskomplexes „Sportzentrum am T.” bestehend aus einer Dreifeldturnhalle, einem Freizeitbad sowie einem Verbindungsbau, in welchem gastronomische Einrichtungen untergebracht sind. Der Bau wurde wie folgt durchgeführt:
*Bauabschnitt 1: Dreifeldturnhalle (ab 2001)
*Bauabschnitt 2: Verbindungsbau (2005 bis 2006; Fertigstellung März 2006)
*Bauabschnitt 3: Freizeitbad (bis 2008; Fertigstellung November 2008).
Am 20. Dezember 2007 schloss die Klägerin mit der A. … Verwaltungs GmbH (im Folgenden A.), einen als Mietvertrag überschriebenen Vertrag, mit welchem sie dieser den Gebäudekomplex Dreifeldturnhalle, den sich darin befindenden Gastronomiekomplex und sämtliches Inventar mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zu einem monatlichen Mietzins von 900 EUR netto überließ. In Tz. 3 dieses Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, den sich aus dem Betrieb des Sportzentrums ergebenden handelsrechtlichen Verlust jährlich auszugleichen, da davon auszugehen sei, dass der Betrieb des Sportzentrums nachhaltig keine Gewinne erwirtschaften könne. Alleinige Gesellschafterin der A. ist die Kommunale Wohnungsverwaltung S. GmbH (KWV), deren alleinige Gesellschafterin wiederum die Klägerin ist.
Mit Vertrag vom 28. Oktober 2008 wurde der Betrieb des „Sportzentrums am T.” rückwirkend zum 1. Januar 2008 der A. übertragen. Die Klägerin überlässt nach § 1 Nrn. 2 und 3 des Vertrages der A. den Gebäudekomplex „Sportzentrum am T.” mit allen 3 Bauabschnitten sowie Außenanlagen/Stellplätzen und sämtlichen sich in den Gebäuden befindlichen Anlagevermögen. Die A. verpflichtete sich, das Sportzentrum im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu betreiben. Gemäß § 4 „Finanzierung” Nr. 1 des Vertrages bestand ein Anspruch der A. auf Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste durch die Klägerin. Der voraussichtliche Verlust für das Jahr 2008 betrug nach § 4 Nr. 2 des Vertrages 350.400 EUR. Bei dem Verlustausgleich handelte es sich nach § 4 Nr. 5 des Vertrages um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss der Klägerin an die A.. Der Vertrag trat an die Stelle des Mietvertrages vom 20. Dezember 2007 (§ 9 des Vertrages „Schlussbestimmungen”).
Nach Fertigstellung des Sportbades im November 2008 wurde der A. auch dieser Betriebsanteil übertragen. Laut Vertrags-Ergänzung vom 30. Juni 2009 betrug der Mietzins ab dem 1. Dezem...