Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Einheitswertbescheids nach Ablauf der Feststellungsfrist bei Auswirkungen auf noch nicht verjährte Grundsteuermessbetragsfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Die gesonderte Feststellung eines Einheitswerts kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist in entsprechender Anwendung von § 181 Abs. 5 AO geändert werden, wenn sie für die noch nicht verjährte Festsetzung des Grundsteuermessbetrags von Bedeutung ist; insoweit kann im Rahmen des § 181 Abs. 5 AO nicht auf die Verjährung der Grundsteuerfestsetzung, sondern nur auf die Verjährung der Grundsteuermessbetragsfestsetzung abgestellt werden.
Normenkette
AO § 181 Abs. 3, 5 S. 1, § 182 Abs. 1 S. 1, § 171 Abs. 10; BewG §§ 22, 24-25
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger erwarben je zur Hälfte Sondereigentum an einem Grundstück in Dr.Bl.. Sie wurden vom Finanzamt nicht gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO aufgefordert, eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts abzugeben. Der Beklagte (das Finanzamt) erließ am 23. Juni 1998 gegenüber den Klägern einen Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 1.1.1998), in dem der Einheitswert mit 40.200 DM festgestellt ist. Das Finanzamt hat in diesem Bescheid bei Ermittlung des Bodenwertes eine Fläche von 2.280 qm zugrunde gelegt. Tatsächlich wäre den Klägern eine Fläche von 228 qm (122,1/1000 × 1.875 qm) zuzurechnen gewesen. Außerdem erging am gleichen Tag ein Grundsteuermessbescheid (Nachveranlagung auf den 1.1.1998), in dem der Grundsteuermessbetrag zum 1.1.1998 auf 281,40 DM festgesetzt wurde. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Auf den „Widerspruch” gegen den „Grundabgabenbescheid” hin erließ das Finanzamt am 1. Juni 2004 nach § 22 Abs. 4 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) geänderte Bescheide über den Einheitswert (Wertfortschreibung auf den 1.1.2004) und über den Grundsteuermessbetrag (Neuveranlagung auf den 1.1.2004). Den Antrag vom 27. September 2004, die Bescheide über den Einheitswert und den Grundsteuermessbetrag vom 23. Juni 1998 gemäß § 129 AO i.V.m. § 181 Abs. 5 AO auf den 1. Januar 2000 zu ändern, lehnte das Finanzamt am 13. Oktober 2004 ab.
Hiergegen haben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2005) Klage erhoben. Sie sind der Meinung, dass die Frist für die Festsetzung des Einheitswerts und des Grundsteuermessbetrags zum 1. Januar 2000 noch nicht abgelaufen sei. Die Vorschrift des § 22 i.V.m. § 25 BewG erlaube eine Änderung. § 181 Abs. 5 AO sei teleologisch in der Weise zu reduzieren, dass bei Vorschaltung von zweistufigen Feststellungsverfahren beide Festsetzungsverfahren auch nach Ablauf deren Festsetzungsfrist noch änderbar sein müssten. Ansonsten werde dem Zweck des § 181 Abs. 5 AO nicht Rechnung getragen. Vielmehr würde dann der Gesetzgeber über mehrstufige Feststellungsverfahren diese Norm umgehen können.
Die Kläger beantragen,
den Einheitswertbescheid und den Grundsteuermessbescheid, beide vom 23. Juni 1998, auf den 1. Januar 2000 dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Bodenwertes für die Berechnung des Einheitswertes 228 Quadratmeter statt 2.280 Quadratmeter Miteigentumsanteil an Grund und Boden angesetzt werden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Meinung, dass § 181 Abs. 5 AO den Erlass eines Ergänzungsbescheides zum Einheitswertbescheid vom 23. Juni 1998 ermögliche. Allerdings könne dem Klagebegehren nicht entsprochen werden, weil die Kläger bisher einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheides mit der Einschränkung, dass dieser nur für Zwecke der Grundsteuer gelten solle, nicht gestellt hätten. Ihr Antrag vom 27. September 2004 sei auf eine uneingeschränkte Änderung des ursprünglichen Einheitswertbescheides gerichtet gewesen, eine Umdeutung auf Erlass eines Einheitswertbescheides mit eingeschränkter Bindungswirkung komme bei einem Steuerberater nicht in Betracht.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist unzulässig, soweit die Änderung des Grundsteuermessbescheids vom 23. Juni 1998 begehrt wird. Denn der Grundsteuermessbescheid ist Folgebescheid nach dem Einheitswertbescheid, weil der im Einheitswertbescheid festgestellte Einheitswert für den Grundsteuermessbescheid bindend ist (§ 171 Abs. 10 AO). Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 Grundsteuergesetz. Der Einheitswertbescheid ist hiernach Grundlagenbescheid im Sinn des § 171 Abs. 10 AO für die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags.
Folgebescheide können in zulässiger Weise nicht mit Einwendungen, die sich allein gegen die Höhe der Steuerfestsetzung im Grundlagenbescheid richten, angegriffen werden (§§ 42 FGO, 351 Abs. 2 AO; vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. November 1997 V B 56/97, BFH/NV 1998, 807).
II.
Die Klage auf Änderung des Einheitswertbescheides vom 23. Juni 1998 zum 1...