Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzanfechtungen einer insolventen GmbH an Arbeitnehmer. positive Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann Parteien kraft Amtes, also auch Insolvenzverwaltern auf ihren Antrag hin Prozesskostenhilfe bewilligt werden, „wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen”. Die verwaltete Vermögensmasse ist unzulänglich i.S.v. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wenn die Kosten (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) weder aus den vorhandenen Barmitteln noch aus kurzfristig liquidierbaren Mitteln des Anlage- oder Umlaufvermögens aufgebracht werden können. Jedoch dürfen der Masse nicht die Mittel entzogen werden, die zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens anderweitig benötigt werden.
2. Positive Kenntnis i.S.v. § 130 Abs. 2 InsO, die zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts vorliegen muss, bedeutet für sicher gehaltenes Wissen. Dabei ist allerdings die genaue Kenntnis der rechtlichen Zusammenhänge nicht erforderlich, sondern es ist auf die natürliche Betrachtungsweise aus der Sicht eines durchschnittlich geschäftserfahrenen, unvoreingenommenen Gläubigers abzustellen. Danach muss der Anfechtungsgegner wissen, dass ein Schuldner von seinen als fällig eingeforderten Geldschulden einen nicht unwesentlichen Teil – wenigstens 10 % – derzeit nicht erfüllen kann und auch keine konkrete Aussicht hat, hierfür ausreichende und verwendbare Geldmittel in den nächsten drei Wochen zu erlangen. Einen solchen Überblick über die Vermögenslage des Schuldners wird der Gläubiger allerdings nur äußerst selten haben. Daher wird es für ausreichend erachtet, wenn der Gläubiger vor oder bei dem Empfang der angefochtenen Leistung seine unstreitigen Ansprüche vergeblich eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er keine greifbare Grundlage für eine Erwartung sieht, dass der Schuldner genügend flüssige Geldmittel erhalten wird, um die Forderung fristgerecht erfüllen zu können. Im Übrigen sind letztlich entscheidend immer die besonderen Umstände des Einzelfalls.
Normenkette
ZPO §§ 116, 114; InsO § 130
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Beschluss vom 17.10.2008; Aktenzeichen 13 Ca 2689/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers/Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 17.10.2008 – 13 Ca 2689/08 – wird
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. … GmbH (künftig: Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin bot nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages Leistungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaues an und erbrachte überwiegend Betonarbeiten, Eisenbiege- sowie Maurerarbeiten.
Mit Schreiben vom 12.04.2007, eingegangen beim Amtsgericht Erfurt am 18.04.2007, hat die Fa. … GmbH – Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Erfurt, Az. 172 IN 270/07, vom 02.08.2007 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt.
Zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Antragsgegner bestand bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Arbeitsverhältnis.
Für die von dem Antragsgegner erbrachte Arbeitsleistung erheilt dieser für den Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 folgende Zahlungen:
– Restlohn für Dezember 2006 |
in Höhe von |
808,89 EUR |
am 12.02.2007 |
– Lohnanteil für Januar 2007 |
in Höhe von |
1.000,00 EUR |
am 02.03.2007 |
– Restlohn für Januar 2007 |
in Höhe von |
788,00 EUR |
am 14.03.2007 |
– Lohnanteil für Februar 2007 |
in Höhe von |
1.000,00 EUR |
am 28.03.2007 |
– Restlohn für Februar 2007 |
in Höhe von |
516,47 EUR |
am 04.04.2007 |
Gesamt: |
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4.113,36. |
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Diese Zahlungen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 18.09.2007 angefochten und den Antragsgegner erfolglos zur Erstattung aufgefordert.
Der Antragsteller beabsichtigt hier, mit einer Leistungsklage Lohnzahlungen mittels einer insolvenzrechtlichen Anfechtung von dem früheren Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin zurückzufordern und hat zunächst unter Beifügung eines Klageentwurfs, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 6 bis 12 d. A.), die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin … für die beabsichtigte Klage beantragt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und der sofortigen Beschwerde des Antragstellers hiergegen nicht abgeholfen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der zwischen den Parteien im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers, welcher das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 02.12.2008 nicht abgeholfen und sie gemäß § 572 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO dem Beschwerdeg...