OFD Niedersachsen, Verfügung v. 29.6.2012, S 2140 - 8 - St 244
Nach Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gem. § 3 Nr. 66 EStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 richtet sich die ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003 (BStBl 2003 I S. 240) – nachfolgend: BMF-Schreiben –. Die mit Beschluss des BFH vom 28.2.2012 (Az.: VIII R 2/08) geäußerte und nicht zur Veröffentlichung vorgesehene Rechtsauffassung, dass die Beanspruchung sachlicher Unbilligkeit nach Aufhebung der gesetzlichen Grundlage zweifelhaft – weil den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufend – ist, wird von der Verwaltung nicht geteilt.
Fälle der Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) fallen originär unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens. Auf Gewinne aus einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und aus einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) ist es entsprechend anzuwenden, vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl 2010 I S. 18).
Bei einer übertragenden Sanierung i.S.d. RdNr. 2 Satz 3 des BMF-Schreibens ist von einem betrieblichen Interesse regelmäßig nur dann auszugehen, wenn das zu übernehmende Unternehmen (Auffanggesellschaft) zum Zweck der Fortführung des notleidenden Unternehmens neu gegründet wird (BFH-Urteil vom 24.4.1986, BStBl 1986 II S. 672). Die Eingliederung des notleidenden Unternehmens in ein bereits bestehendes Unternehmen erfolgt nicht zu dessen Sanierung und Fortführung, sondern vorrangig aus eigenwirtschaftlichen Interessen des bereits am aktiven Geschäftsverkehr teilnehmenden Unternehmens.
Gem. RdNr. 8 des BMF-Schreibens bedeutet die Erhebung der Steuer auf einen nach Ausschöpfen der ertragsteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinn für den Steuerpflichtigen aus sachlichen Billigkeitsgründen eine erhebliche Härte.
Ein Sanierungsgewinn ist die Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Schulden werden gem. RdNr. 3 des BMF-Schreibens insbesondere erlassen durch
Der Erlassvertrag kann enthalten sein in z.B. einem
Der Sanierungsgewinn entsteht mit Vertragsabschluss. Dies gilt auch in Fällen, in denen aufschiebende Bedingungen (§ 158 Abs. 1 BGB) vereinbart wurden. Ist die Sanierungsmaßnahme Bestandteil des gestaltenden Teils eines Insolvenzplans im Rahmen eines Planinsolvenzverfahrens, so entsteht der Sanierungsgewinn mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans (§ 254 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Vereinbarung einer Wiederauflebensklausel (§ 255 InsO) führt nicht zu einem vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abweichenden Berücksichtigungszeitpunkt.
In Fällen der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) ist nach dessen vorheriger Ankündigung (§ 291 Abs. 1 InsO) das Datum des Beschlusses des zuständigen Amtsgerichts maßgeblich. Zur Ermittlung eines aus der Restschuldbefreiung resultierenden Gewinns ist das Gutachten des (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder das Verteilungsverzeichnis heranzuziehen, um die Summe der offenen betrieblichen Verbindlichkeiten festzustellen. Nach Kürzung um die entsprechende Verteilungsquote ist unter Umständen noch ein Abschlag für die Tilgung der zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen in der Wohlverhaltensphase zu berücksichtigen.
Zur Feststellung des Zeitpunkts der Entstehung des Sanierungsgewinns und zur Prüfung, ob Nebenabreden (z.B. Besserungsschein) getroffen worden sind, hat der Steuerpflichtige die Vereinbarung über den Schulderlass vorzulegen.
Soweit es sich bei dem zu sanierenden Unternehmen um eine Personengesellschaft handelt, deren Gewinn einheitlich und gesondert festzustellen ist, erfolgt die Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns durch das Betriebsfinanzamt (vgl. RdNr. 6 des BMF-Schreibens). Befindet sich der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) eines Einzelunternehmens außerhalb des Finanzamtsbezirks des Wohnsitzfinanzamtes, ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen; in diesen Fällen ist ebenfalls das Betriebsfinanzamt für die Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns zuständig. Aufgrund der Tatsache, dass in den vorgenannten Fällen lediglich das Betriebsfinanzamt über den ausreichenden Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens verfügt und die geplante bzw. bereits durchgeführte Sanierungsmaßnahme ertragsteuerlich im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen der RdNr. 3 bis 5 des BMF-Schreibens beurteilen kann, ist Folgendes zu beachten:
Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft
Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 AO ist das FA für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zuständig, das bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts für die Besteuerung örtlich z...