Doch was bedeutet das für Unternehmen in der Praxis, insbesondere für das zukünftige Berichtswesen einschließlich der bestehenden Berichtsprozesse im Bereich Finanzen und Controlling?
5.1 Auswirkungen auf das Reporting
Durch die Einführung von S/4HANA (Finance) ergeben sich weitreichende Änderungen für das Reporting in Unternehmen. Bislang müssen Informationen – meist während der Nacht – aggregiert in ein Data Warehouse extrahiert werden und stehen dort für Auswertungen am nächsten Tag zur Verfügung. Dieser Prozess geschieht meist für Finanz- und Controlling-Daten separat. Da die Daten auf dem Weg in das Reporting-System häufig für das Berichtswesen optimiert werden, und der Zeitpunkt der Datenbeladung nicht identisch ist, ist es fast nicht möglich, übereinstimmende Werte zu erhalten. Das bringt umfangreiche Abstimmungsaufwände mit sich.
Mit S/4HANA ändert sich dies grundlegend, da ein leistungsstarkes Reporting nun auch direkt im Quellsystem möglich ist. Da es nur noch einen Beleg gibt, in dem eine unbeschränkte Anzahl von Dimensionen zur Verfügung stehen und dieser in Echtzeit ausgewertet werden kann, wird das Reporting einfacher, flexibler und schneller. Da liegt die Vermutung nahe, dass Unternehmen künftig auf den Aufbau und die Nutzung eines separaten, unternehmensweiten Systems für Reporting und Planung verzichten können und den Zugriff auf die Unternehmensdaten direkt im ERP ermöglichen.
5.2 Optionen des Datenzugriffs
Grundsätzlich sollten Anwender davon ausgehen können, dass die Systemarchitektur und auch die Anwendungsszenarien durch den Einsatz von S/4HANA extrem vereinfacht und flexibel werden. Grundsätzlich stimmt das auch. Jedoch schafft genau die neugewonnene Flexibilität gleichzeitig eine Vielzahl möglicher Optionen und Szenarien, welche bei der Architekturentscheidung in Betracht gezogen werden müssen. Wichtig ist es daher, frühzeitig und sorgfältig eine Grundsatzentscheidung zu fällen:
- Setzt das Unternehmen auf ein separates Data Warehouse?
- Oder sollen Berichte direkt in der S/4HANA Business Suite aufgebaut werden bzw. sollen die von SAP im Standard ausgelieferten analytischen Fiori-Apps genutzt werden?
Zur Beantwortung dieser Kernfrage gibt es keinen, für alle Unternehmen funktionierenden, Best-Practice-Ansatz. Grundsätzlich lassen sich jedoch drei unterschiedliche Optionen des Datenzugriffs unterscheiden (s. Abb. 4).
Abb. 4: Optionen des Datenzugriffs
Option 1: Vollständige Integration
Bei Option 1 erfolgt eine vollständige Integration der Berichtslösung in die Business Suite (direkter Zugriff auf die Daten in Echtzeit über Core Data Services, CDS), ohne Einsatz eines zusätzlichen Data Warehouse. Diese Option bietet alle Vorteile der neuen Technologie (bspw. real-time, hohe Datengranularität und -integrität, Einbindung in die transaktionalen Prozesse) und ermöglicht so eine schnellstmögliche Reaktion auf Veränderungen im Reporting. Planungsfunktionalität mittels CDS ist jedoch nicht verfügbar. Die Ausrichtung des Berichtswesens ist stark operativ.
Option 2: Embedded BW
Bei der Nutzung des Embedded BW werden die Daten mit Hilfe der Core Data Services über das Embedded BW zur Verfügung gestellt. Diese Option ist dann von Vorteil, wenn kein eigenständiges Data Warehouse zur Verfügung steht und der spezifische, von der SAP ausgelieferte Content für die operative Planung genutzt werden soll.
Option 3: Hybrides Szenario
Bei dem hybriden Szenario werden die operativen Daten in Echtzeit aus der Business Suite zur Verfügung gestellt und mit weiteren Informationen im Data Warehouse verknüpft. Diese Option ermöglicht die Realisierung weiterer Potenziale und adressiert sowohl das strategische als auch operative Reporting. Sinnvoll ist diese Option, wenn ein bestehendes SAP BW-System auch weiterhin genutzt werden soll und die Vorteile des Reportings in Echtzeit integriert werden sollen.
Fiori-Apps als zentraler Einstiegspunkt
Mit den Fiori-Apps als zentralem Einstiegspunkt für den Anwender stellen die Anwender keinen Unterschied fest, da bestehende Berichte integriert werden können. Es gibt Fiori Apps sowohl für operative Transaktionen, wie bspw. die Buchung von Hauptbuchbelegen, als auch für analytische Anwendungen. Die Grenzen zwischen Transaktion und (Management) Reporting verschwimmen dabei immer mehr.
5.3 Architekturrelevante Entscheidungskriterien
Für eine fundierte Entscheidung sollten zunächst die grundlegenden Vorteile eines eigenständigen Data Warehouse sowie die zukünftigen Reporting-Anforderungen betrachtet werden. Es gilt, eine Zielarchitektur zu entwickeln und für bestehende Systeme zu entscheiden, ob diese nach einer S/4HANA-Einführung noch Bestand haben werden. Hierzu können verschiedene Entscheidungskriterien herangezogen werden, die im Folgenden beschrieben werden:
Bestehende Data Warehouse-Strukturen & Berichts-/Planungslösungen
Wichtige Entscheidungskriterien stellen die Größe des bestehenden Data Warehouse, die Anzahl und Komplexität der bereits produktiv genutzten Berichts- und Planungslösungen sowie die Aktualität der Technologie dar. Daher empfiehlt es sich im Sinne e...