Für eine fundierte Entscheidung sollten zunächst die grundlegenden Vorteile eines eigenständigen Data Warehouse sowie die zukünftigen Reporting-Anforderungen betrachtet werden. Es gilt, eine Zielarchitektur zu entwickeln und für bestehende Systeme zu entscheiden, ob diese nach einer S/4HANA-Einführung noch Bestand haben werden. Hierzu können verschiedene Entscheidungskriterien herangezogen werden, die im Folgenden beschrieben werden:
Bestehende Data Warehouse-Strukturen & Berichts-/Planungslösungen
Wichtige Entscheidungskriterien stellen die Größe des bestehenden Data Warehouse, die Anzahl und Komplexität der bereits produktiv genutzten Berichts- und Planungslösungen sowie die Aktualität der Technologie dar. Daher empfiehlt es sich im Sinne einer Kosten-/Nutzenabwägung, erst die bestehenden Berichts- und Planungslösungen zu analysieren, ehe das Management die Zielarchitektur und die Roadmap festlegt.
Grad der System- und Datenharmonisierung
Kommen die Daten aus dem Finanzbereich aus unterschiedlichen Systemen, d. h., hat das Unternehmen nicht nur ein einziges S/4HANA-System im Einsatz? So ist weiterhin eine (separate) Plattform erforderlich, die ein unternehmensweites Reporting und ggf. auch die Konsolidierung sicherstellt. Eine einheitliche Definition von Kennzahlen und die Harmonisierung aller erforderlichen Stammdaten in einer zentralen Berichtsplattform, wie bspw. ein unternehmensweit gültiger Kontenplan, Kostenstellehierarchien, Funktionsbereiche etc. ermöglicht es, die Informationen aus mehreren Quellen zusammenzuführen. Insbesondere für die Übergangsphase, bis alle Gesellschaften auf dem neuen S/4HANA-System integriert sind, spielt eine solche zentrale Plattform eine wichtige Rolle.
Verfügbarkeit historischer Daten/Versionen im Reporting
Sollen Veränderungen von Informationen im Zeitverlauf dargestellt werden und nicht nur die aktuell gebuchte Wahrheit, so müssen die Informationen zu bestimmten Zeitpunkten als sog. Snapshot bzw. als Version dauerhaft gespeichert werden. Diese Anforderung wird, aufgrund der großen Datenmengen, optimal von einem separaten Data Warehouse unterstützt.
Integration externer und unstrukturierter Daten
Eine zunehmende Bedeutung bekommt die Anreicherung von Berichten mit externen und teilweise unstrukturierten Informationen, z. B. aus der Marktforschung oder den sozialen Netzwerken. Diese Verknüpfung von internen und externen Berichtsdaten gelingt nur dann, wenn diese auch im gleichen System verfügbar sind. Generell sollten solche externen Daten nur beschränkt in das HANA-System eingespielt werden. Das separate Data Warehouse ist hier also die klügere Wahl.
Neue S/4HANA-Funktionalitäten & deren Auswirkung auf Prozesse
Um die neuen Funktionen vollumfänglich nutzen zu können, ist in den meisten Fällen eine Restrukturierung der Finanzprozesse erforderlich. Diese Restrukturierung wirkt sich auch auf die bestehenden Strukturen der Datengewinnung und die darauf basierenden Berichte aus. In diesem Fall können die Anpassungsbedarfe so groß sein, dass ein kompletter Neuaufbau erforderlich wird oder die Änderungen so umfangreich sind, dass ein Wechsel auf S/4HANA als Berichtssystem sinnvoller ist.
Getätigte Investitionen in Berichtslandschaften & Schulungsmaßnahmen
Hinzu kommt, dass die Anwender von Berichten sich an die bestehenden Berichtswerkzeuge gewöhnt und umfangreiche Schulungen stattgefunden haben. Je nachdem, wie beliebt diese Tools im Unternehmen sind, wird es schwerfallen, diese sofort durch neue zu ersetzen. Eine Umgewöhnung der Berichtsempfänger an eine neue Oberfläche sollte schrittweise erfolgen.
Hybride Szenarien bieten die größte Flexibilität
Es wird klar, dass der alleinige Einsatz von Reporting-Lösungen in S/4HANA nicht in allen Fällen die richtige Entscheidung ist – so leistungsstark sie auch sind. Eine Nutzung der integrierten Berichte mittels Core Data Services ohne Einsatz eines zusätzlichen Data Warehouse, erscheint insbesondere bei einem stark operativ ausgerichteten Berichtswesen sinnvoll. Im Gegensatz dazu erscheint bei einer strategischen Ausrichtung des Management Reporting ein eigenständiges Enterprise Data Warehouse zielführend, wobei hier über das hybride Szenario ebenfalls Daten in Echtzeit verfügbar gemacht werden können. Auch die DSAG kommt in ihrem Positionspapier zum Schluss, dass die Kombination der bestehenden Möglichkeiten (S/4 HANA, BW, S/4HANA Analytics und HANA Native) ein Potenzial besitzt, das in der reinen S/4HANA-Ausrichtung nicht geboten wird. Abb. 5 soll die generelle Positionierung der unterschiedlichen Optionen nochmals verdeutlichen.
Abb. 5: Zusammenfassung der Architekturoptionen