Leitsatz
Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 4 ErbStG, § 185, § 362 Abs. 2, § 516 BGB, § 29 Abs. 1 GmbHG
Sachverhalt
Alleingesellschafterin der GmbH war die Ehefrau (EF), Geschäftsführer war der Kläger, der Ehemann (EM). Der EM vermietete Maschinen und ein Grundstück an die GmbH und ließ sich einen – nach Ansicht des FA – überhöhten Mietzins gewähren. Die EF hatte die Mietverträge ebenfalls unterschrieben. Das FA ging von einer vGA zugunsten der EF aus und behandelte die überhöhten Zahlungen als Schenkungen der GmbH an den EM. Die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 22.10.2015, 3 K 986/13 Erb, Haufe-Index 8801721, EFG 2016, 232) hatte der Klage bereits stattgegeben.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des BFH liegt im Verhältnis der GmbH zu EM keine freigebige Zuwendung vor.
Die Zahlung überhöhter Entgelte an den Nahestehenden kann ebenfalls auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, selbst wenn sie nicht an den Gesellschafter selbst erfolgt, sondern als abgekürzte Zahlung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Nahestehenden diesem zufließt. Leistet die GmbH unter Mitwirkung des Gesellschafters an den Nahestehenden auf einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage, ist die GmbH nicht Schenkerin i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn Rechtsgrund für ihre Leistung, die im verkürzten Leistungsweg an den Nahestehenden erfolgt, sind letztlich gesellschaftsvertragliche Rechte des Gesellschafters.
Die vom Gesetzgeber als Reaktion auf die überkommene Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 7.11.2007, II R 28/06, BFH/NV 2008, 486, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258) eingeführte Vorschrift des § 15 Abs. 4 ErbStG (Privilegierung der GmbH-Schenkung) ändert nichts an diesem Ergebnis.
Hinweis
1. Der Besprechungsfall handelt von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA), die letztlich einem dem Gesellschafter nahestehenden Dritten (Nahestehenden) zugutekommt. Die Grundsätze des Falles greifen jedoch weiter, da der BFH das Dreiecksverhältnis "Gesellschafter/GmbH/Nahestehender" für das Schenkungsteuerrecht auf eine dogmatische Basis stellt. Der BFH hat insgesamt drei Entscheidungen zum Themenkomplex getroffen:
- Die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen schließen eine freigebige Zuwendung der GmbH an den Nahestehenden dann aus, wenn der Gesellschafter bei einer Vereinbarung zwischen beiden mitwirkt und damit seine gesellschaftsrechtliche Position einfließen lässt (Besprechungsfall).
- Diese Rechtsgrundsätze gelten entsprechend, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind, von denen zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat (BFH, Urteil vom 13.9.2017, II R 32/16, BFH/NV 2018, 386, BFH/PR 2018, 98).
- Ist ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt, gelten die Rechtsgrundsätze auch entsprechend, wenn der Gesellschafter wiederum an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat (BFH, Urteil vom 13.9.2017, II R 42/16, BFH/NV 2018, 389, BFH/PR 2018, 99).
2. Ausgangspunkt für die gefundenen Ergebnisse ist das Verhältnis zwischen Gesellschafter und GmbH. Hier hatte der BFH (Beschluss vom 2.9.2015, II B 146/14, BFH/NV 2015, 1586) bereits entschieden, dass eine vGA der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter keine Schenkung darstellt. Denn im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen (gegen Nichtanwendungserlass vom 5.6.2013, BStBl I 2013, 1465).
3. Der Besprechungsfall beantwortet nun die Frage, in welchem Verhältnis eine freigebige Zuwendung vorliegen kann, wenn der Vorteil aus der vGA nicht dem Gesellschafter selbst, sondern einem nahestehenden Dritten zugutekommt. Der BFH arbeitet zur Lösung dieser Konstellation das Dreiecksverhältnis heraus, nämlich die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschafter und GmbH, GmbH und Nahestehendem sowie Gesellschafter und Nahestehendem.
a) Dem Gesellschafter stehen gegenüber seiner GmbH Gesellschaftsreche wie beispielsweise ein Gewinnausschüttungsanspruch oder ein Entnahmerecht zu. Bei Leistungen der GmbH auf diese Rechte handelt es sich nicht um freigebige Zuwendungen (vgl. 2.).
b) Die GmbH zahlt an den Nahestehenden oder schließt sonst ein vorteilhaftes Rechtsgeschäft mit ihm. Wenn der Gesellschafter beim Abschluss einer solchen Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Nahestehenden mitwirkt, basiert das Verhältnis...