Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflichtigkeit einer Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück zwischen eingetragenen Lebenspartnern
Leitsatz (amtlich)
Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, als der Grundstückserwerb durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers nicht von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Normenkette
GrEStG a.F. § 3 Nr. 4; GrEStG § 23 Abs. 9; GG Art. 3 Abs. 1; GG § 100 Abs. 1; BVerfGG § 80 Abs. 1
Tatbestand
Teil A.
Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt und Vortrag der Beteiligten)
I. Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Grunderwerbsteuerpflichtigkeit einer Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück zwischen eingetragenen Lebenspartnern.
Der Kläger ging in 2007 vor dem Standesbeamten eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit Herrn A, ein. Durch notariellen Vertrag vom 08. August 2008 übertrug Herr A dem Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von ... eingetragenen Grundbesitz. Der Vertragsgegenstand war in Abt. III des Grundbuchs mit einer Grundschuld in Höhe von 610.000 € belastet. Die Grundschuld und das durch sie gesicherte Darlehen wurden nach Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags vom Kläger übernommen. Für den Fall, dass die Darlehensgläubigerin keine Zustimmung zu einer befreienden Schuldübernahme erteilen würde, verpflichtete sich der Kläger Herrn A gegenüber, diesem alle Ansprüche der Kreditgeberin von der Hand zu halten (Nr. 2 Abs. 4 Satz 2 des Vertrags). Die übernommene Grundschuld zu Gunsten der darlehensgebenden ...bank valutierte im Zeitpunkt des notariellen Vertragsabschlusses mit 602.000 €. Der Kläger und Herr A waren Darlehensnehmer. In Nr. 4 Abs. 2 des Vertrags ist geregelt, dass dem Erwerber eventuelle Steuern zur Last fallen.
Mit Bescheid vom 07. Oktober 2008 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 10.535 € fest. Als Bemessungsgrundlage nahm er dabei 301.000 € als übernommene Grundstücksbelastung in Form des hälftigen Valutastandes der Grundschuld zum Vertragsabschluss an.
Der Kläger legte am 21. Oktober 2008 Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass Verkäufer und Käufer in einer Lebenspartnerschaft lebten. Verheiratete bräuchten für den Erwerb des Grundstückes von ihrem Ehegatten nach § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) keine Grunderwerbsteuer zu zahlen. Es widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), dass diese Regelung nicht auch für eingetragene Lebenspartner gelte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14. November 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 07. Oktober 2008 sei rechtmäßig. Der Erwerbsvorgang unterliege gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer, weil der Erwerber aufgrund des Überlassungsvertrages vom 08. August 2008 einen Anspruch auf Übereignung des in ... belegenen Grundstücks habe. Er sei nicht nach § 3 Nr. 4 GrEStG steuerbefreit, weil die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt seien. Danach seien nur diejenigen Erwerbsvorgänge von der Besteuerung ausgenommen, bei denen der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers erfolge. Mit dem Begriff des Ehegatten seien nur Partner unterschiedlichen Geschlechts gemeint, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts eine Ehe geschlossen hätten. Der Gesetzgeber habe in spezialgesetzlichen Regelungen, wie dem Lebenspartnerschaftsgesetz, ganz bewusst auf die Verwendung des Begriffs „Ehe“ oder „Ehegatte“ verzichtet. Daher könne ein „Lebenspartner“ nicht unter den Begriff des „Ehegatten“ gefasst werden.
Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 4 GrEStG auf Lebenspartner sei aufgrund des geltenden Grundsatzes des Vorbehaltes des Gesetzes nicht möglich. Die derzeitige Rechtslage sei bewusst vom Gesetzgeber geschaffen worden. Hierzu sei die Entstehungsgeschichte des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft heranzuziehen. Vor der ursprünglich geplanten Verabschiedung des Gesetzes sei dieses in einen einspruchsbedürftigen und einen zustimmungsbedürftigen Teil getrennt worden. Die zustimmungsbedürftigen Teile des Gesetzes, darunter auch die steuerrechtlichen Regelungen, seien zuvor in einem Ergänzungsgesetz zusammengefasst worden, dem der Bundesrat aber nicht zugestimmt habe. Das Finanzamt sei an die geltende Gesetzeslage gebunden. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob die Regelung des § 3 Nr. 4 GrEStG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
II. Vortrag der Beteiligten im Finanzgerichtsverfahren
Der Kläger hat am 12. Dezember 2008 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass seine Verpflichtung zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer gegen das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Gebot der Steuergerechtigkeit, den Gleichheitsgrundsatz und das Verbot der Benachteiligung aus Art. 3 ...