Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlachtwert als Restwert?
Leitsatz (redaktionell)
Kein Ansatz des sog. Schlachtwertes einer Zuchtsau bei der Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit gem. § 6 Abs. 2 EStG, wenn tatsächlich keine Umwidmung von Anlage- zu Umlaufvermögen erfolgt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 15. Februar 2001 IV R 19/99)
Normenkette
EStG § 6 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Bewertung von dem Anlagevermögen zugerechneten Zuchtsauen bei Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter gem. § 6 Abs. 2 Einkommensteuergesetz - EStG - ein sogenannter Schlachtwert als Restwert anzusetzen ist.
Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinezucht und hält dementsprechend unter anderem Sauen. Diese werden von ihm zunächst zur Zucht eingesetzt. Sobald die Eignung der Sauen hierfür nachlässt und eine Zucht mit ihnen unwirtschaftlich wird, werden sie unverzüglich nach dem Absetzen der Ferkel bzw. dem Umrauschen der Schlachtung zugeführt. Irgendwelche Maßnahmen, um ihre Verkaufsfähigkeit zu fördern oder ihren Verkaufswert zu steigern, ergreift der Kläger nicht, insbesondere werden die Sauen nicht etwa zur Erzielung eines besseren Schlachtgewichts aufgemästet. Vielmehr werden die Tiere für die Zeitspanne ihres Verbleibs bei dem Kläger bis zur Schlachtung, die regelmäßig nur wenige Tage umfasst und ausschließlich davon abhängt, wie schnell ein Transport zum Schlachthof organisiert werden kann, auf herkömmliche Weise gefüttert und versorgt.
Den aus seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit erzielten Gewinn ermittelt der Kläger durch Betriebsvermögensvergleich, wobei ein Wirtschaftsjahr - Wj. - am 01. Juli eines Jahres beginnt und mit Ablauf des 30. Juni des Folgejahres endet. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 erklärte er einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von (1/2 x 25.000,00 (Wj. 2002/2003) zzgl. 1/2 x 20.000,00 EUR (Wj. 2003/2004) =) 22.500,00 EUR. Die Bewertung des dem Anlagevermögen zugerechneten Schweinebestandes nahm der Kläger dabei mit den von der Finanzverwaltung in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF-Schreiben - vom 14. November 2001 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2001, 864) vorgegebenen Richtwerten für die Gruppenbewertung vor. Entsprechend ihrem Aufzuchtstadium unterteilte er seine Schweine dabei in Zuchteber, Ferkel, Jungsauen und Sauen, wobei er den Sauenbestand nochmals in Neuzugänge und Zuchtsauen unterteilte. Diejenigen Sauen, die im Laufe eines Jahres von Jungsauen zu Sauen versetzt wurden, schrieb er im Jahr ihres Zuganges auf einen Erinnerungswert von 1,00 EUR ab. Im Wirtschaftsjahr 2002/2003 war dies hinsichtlich 97 Sauen der Fall, im Wirtschaftsjahr 2003/2004 hinsichtlich 88 Sauen.
Nachdem diese Handhabung im Rahmen einer für die Jahre 1999 bis 2001 bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung bekannt geworden war, nahm das beklagte Finanzamt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2003 unter Berufung auf das BMF- Schreiben vom 14. November 2001 (BStBl I 2001, 864) und das Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 15. Februar 2001 IV R 19/99 (BFHE 195, 175, BStBl II 2001, 549) eine Gewinnkorrektur vor, indem es für den auf den 30. Juni 2003 erklärten Endbestand von 100 Zuchtsauen einen Schlachtwert von (100 x 150,00 EUR abzgl. den bereits angesetzten Erinnerungswert von 100 x 1,00 EUR =) 14.900,00 EUR ansetzte und den Betrag zur Hälfte dem bisher erklärten Gewinn zuschlug.
Gegen den mit dieser Maßgabe ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 07. Juni 2005 legte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 04. Juli 2005 Einspruch ein. Dem Ansatz des Schlachtwertes als Mindestwert im Rahmen der Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG durch den BFH liege der Gedanke zugrunde, dass die Tiere über eine doppelte Zweckbestimmung verfügten: für die Zeitspanne, in der sie zur Zucht eingesetzt würden, handele es sich bei ihnen um Produktionsmittel und damit um Anlagevermögen. Da von vornherein geplant sei, die Tiere anschließend als Schlachtvieh zu veräußern, wechselten die Tiere nach der Herausnahme aus dem Zuchtbetrieb nach Ansicht des BFH in das Umlaufvermögen, da sie entsprechend umgewidmet würden. Eine solche Umwidmung finde aber bei dem Kläger und in der modernen Schweinezucht insgesamt gar nicht statt. Damit fehle es an der seitens des BFH unterstellten zweiten Zweckbestimmung der Sauen. Insbesondere reiche allein die Absicht, ein zum Anlagevermögen gehörendes Wirtschaftsgut zu veräußern, nicht aus, um seinen Wechsel zum Umlaufvermögen zu begründen. Die Sauen dienten allein als Zuchttiere und verlören diese Eigenschaft bis zu ihrer Veräußerung auch nicht, so dass sie als Anlagevermögen veräußert würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsbegründung vom 25. August 2005 Bezug genommen.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte unter dem 14. Juli 2007 einen Änderung...