Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Erhebung einer Glückspielabgabe nach dem Glückspielgesetz Schleswig-Holstein
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei § 35 GlSpielG SH handelt es sich um keine nach der Richtlinie 98/34/EG notifizierungspflichtige technische De-facto-Vorschrift.
2. Die Regelungen des GlSpielG SH über die Erhebung einer Glückspielabgabe verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Verbandskompetenz.
3. Die Erhebung der Glückspielabgabe gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GlSpielG SH ist finanzverfassungsrechtlich zulässig.
4. Ein strukturelles Vollzugsdefizit liegt bei der Erhebung der Glückspielabgabe nicht vor.
Normenkette
GlSpielG SH § 1; GlSpielG SH §§ 35-36, 40; GlSpielG SH §§ 41-42; EGRichtl-98/34 Art. 1 Nrn. 3-4, 11, Art. 8 Abs. 1; GG Art. 3, 70 Art. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 100 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob gegen die Klägerin eine Glücksspielabgabe für das Streitjahr 2013 festgesetzt werden durfte.
Die Klägerin wurde am 7. Januar 2003 in das Unternehmensregister ... (Ausland) eingetragen und verfügt über eine ausländische Spiellizenz vom 19. Juli 2011. Sie stellte mit Schreiben vom 15. Februar 2012 Genehmigungsanträge für den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwetten gemäß der §§ 20, 23 des Schleswig-Holsteinischen Glücksspielgesetzes (GlSpielG SH). Die Glücksspiele sollten von der Klägerin im Ausland veranstaltet werden und ausschließlich über das Internet vertrieben werden.
Mit Genehmigungsbescheid vom 30. April 2012 genehmigte das Innenministerium Schleswig-Holstein der Klägerin, Sportwetten ab dem 1. Mai 2012 zu veranstalten und im Wege des Eigenvertriebes als Fernvertrieb nach § 3 Abs. 9 Satz 2 GlSpielG SH zu vertreiben.
Mit weiterem Genehmigungsbescheid des Innenministeriums Schleswig-Holstein vom 19. Dezember 2012 wurde der Klägerin genehmigt, im Geltungsbereich des Gesetzes Online-Glücksspiele nach § 3 Abs. 9 Satz 2 GlSpielG SH zu vertreiben. Die Genehmigung erging nach Ziffer 2 unter der Auflage, dass sie nur im Geltungsbereich des Glücksspielgesetzes in Schleswig-Holstein Anwendung findet. Aufgrund dieser Genehmigung dürfe die Klägerin nur Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Geltungsbereich des Gesetzes zur Teilnahme an den genehmigten Glücksspielen zulassen. In einem Vergleichsbeschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 9. April 2014 wurde festgehalten, dass der Genehmigungsbescheid vom 19. Dezember 2012 dahingehend geändert werde, dass die Genehmigung nur für den Geltungsbereich des Glücksspielgesetzes in Schleswig-Holstein gelte. Zweifel, die durch den bisherigen Wortlaut entstanden wären, sollten damit ausgeräumt werden.
Am 13. April 2012 erfolgte die Registrierung der Klägerin als Glücksspielanbieter beim Finanzamt C. Als Empfangsbevollmächtigte wurden die Klägervertreter von der Klägerin benannt.
Mit Schreiben vom 2. August 2013 teilten die Empfangsbevollmächtigten dem Finanzamt mit, dass die Klägerin im Anschluss an die Erteilung der Genehmigung vom 19. Dezember 2012 eine Onlineplattform unter der Bezeichnung "E.de" eingerichtet habe, die bisher für das Casinoangebot aber nicht freigeschaltet worden sei. Die Plattform diene der Umsetzung der vom Innenministerium erstellten Lizenz und sei erst kürzlich (wohl in der letzten Woche) für Nutzer ausschließlich aus Schleswig-Holstein aktiviert worden. Demzufolge würden demnächst erstmalig entsprechende Anmeldungen abgegeben werden.
Mit Schreiben vom 27. November 2013 forderte der Beklagte die Klägerin auf, für das Jahr 2012 eine Jahreserklärung für die Glücksspielabgabe abzugeben.
Die Klägerin reichte daraufhin Jahresanmeldungen der Glücksspielabgabe gem. § 40 Abs. 2 GlSpielG SH für die Jahre 2012 und 2013 jeweils vom 17. März 2014 ein und erklärte eine Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 in Höhe von ... € und für 2013 in Höhe von ... €. In dem Anschreiben vom 17. März 2013 teilte die Klägerin mit, dass Roherträge aus dem Vertrieb an Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein und Roherträge aus dem Vertrieb an Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt worden seien. Eine Aufschlüsselung der Roherträge hinsichtlich des Wohnsitzes der Spieler oder der Monate der erzielten Roherträge erfolgte weder in dem Anschreiben noch in den Jahreserklärungen. Mit der berichtigten Jahreserklärung vom 20. Februar 2015 wurde die Glücksspielabgabe für das Jahr 2013 auf ... € erklärt, weil nachträglich festgestellt wurde, dass bei Abgabe der ursprünglichen Anmeldungen Fehler bei der Auslesung der Datenträger vorgekommen waren. In den angemeldeten Umsätzen sind keine Erträge der A enthalten.
Mit Bescheiden für 2012 und für 2013 vom 21. März 2014 wurde die Glücksspielabgabe jeweils erklärungsgemäß festgesetzt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 31. März 2014 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass ...