Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinnützigkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Personalgestellung“ für gemeinnützige Unternehmen
Leitsatz (redaktionell)
Stellt eine Körperschaft ihre Mitarbeiter anderen als gemeinnützig anerkannten Unternehmen für deren steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung, so stellt dies eine unmittelbare Zweckverfolgung jedenfalls dann dar, wenn die Personalverantwortung bei der überlassenden Körperschaft verbleibt.
Auslegung des § 58 Nr. 3 AO.
Normenkette
AO §§ 55, 57, 58 Abs. 3; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin der Körperschaftsteuer(KSt)-Pflicht unterliegt.
Die Klägerin ist durch notariellen Vertrag vom 30. September 1997 gegründet worden. Das Stammkapital wird zu 90 % von der Stiftung für ... (im Folgenden abgekürzt X), sowie in Höhe von 10 % von der Stiftung für ... (im Folgenden abgekürzt Y), gehalten. Die X ist eine heilpädagogische christlichsoziale Facheinrichtung für heilende Erziehung und Behandlung von verhaltensgestörten, behinderten Kindern und Jugendlichen in therapeutisch eingerichteten Kinderfamilien mit Anschlussmaßnahmen zur beruflichen Eingliederung und Ausbildung von entwicklungsverzögerten, behinderten Jugendlichen und Heranwachsenden in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften mit Ausbildungsplätzen.
Die Y betätigt sich u.a. in der heilpädagogischen und christlichen Betreuung und Förderung junger Menschen mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen.
Sowohl die X wie auch die Y sind als gemeinnützig anerkannt.
Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin sind gem. § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 30. September 1997
“Heilpädagogische Dienstleistungen zur ergänzenden und begleitenden Betreuung von entwicklungsgestörten und behinderten Menschen, insbesondere die abendliche und nächtliche Betreuung, die therapeutische Förderung und Freizeitlenkung dieser Menschen sowie die pflegerische Betreuung von Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Einschränkungen und Behinderungen.”
In § 2 Tz. 2 des Gesellschaftsvertrages heißt es weiterhin, dass die Klägerin Sorge dafür trägt, dass bei der Führung der Geschäfte sinngemäß die Grundsätze der X und Y dem Gesellschaftszweck entsprechend beachtet werden. Gem. § 3 des Gesellschaftsvertrages verfolgt die Klägerin ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, wohltätige Zwecke im Sinne des Abschnitts “steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung (AO), insbesondere die in § 2 genannten Zwecke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen.
Die Klägerin ist Mitglied des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands - Landesverband Schleswig-Holstein.
Die Klägerin hat entsprechend ihrem Gesellschaftszweck in dem Zeitraum vom 1. bis 31. Dezember 1997 (Rumpfwirtschaftsjahr) mit bei ihr angestellten Betreuern und Honorarkräften entwicklungsgestörte und behinderte Jugendliche, die in den beiden Stiftungen untergebracht waren in Abend- und Nachtdiensten betreut und therapeutisch gefördert und auch Fördermaßnahmen gegenüber anderen Jugendlichen erbracht. Die Abend- und Nachtdienste waren, bis zur Gründung der Klägerin von der X und der Y erbracht worden; seitdem sind diese Dienste auf die Klägerin verlagert worden. Der Tages- und Frühdienst wird nach wie vor von der X und der Y erbracht. Durch ihre Dienste stellt die Klägerin lückenlose Betreuung und Beaufsichtigung der behinderten Jugendlichen sicher. Grund für die Ausgliederung waren einmal Haftungsgründe und zum anderen das Bestreben, die Mitarbeiterzahl für die einzelnen Unternehmen so zu senken, dass die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes nicht eingriffen; ohne die Ausgliederung hätte Personal für die vollzeitliche Betriebsratstätigkeit freigestellt werden müssen (vgl. im Übrigen Top 8 der Sitzung des Heilpädagogiums vom 13. September 1997).
Das Verhältnis zwischen der X und Y einerseits und der Klägerin andererseits stellt sich (unstreitig) wie folgt dar: Die X und Y erteilen der Klägerin den Auftrag zur Durchführung von Abend- und Nachtdiensten in den Betreuungsgruppen der Stiftungen; unter Beachtung der organisatorischen Rahmenbedingungen der Stiftungen werden die Aufträge in Eigenverantwortung der Klägerin durchgeführt. In ihren Händen liegt die gesamte Personalplanung und -disposition sowie insbesondere die Auswahl und Fortbildung der Mitarbeiter. Die erforderlichen fachlichen Dienst- und Arbeitsanweisungen werden ebenfalls von der Klägerin erteilt; ihre Einhaltung wird durch ihre Leitung bzw. leitende Mitarbeiter überwacht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Juni 2003 eingereichte Leistungsbeschreibung Bezug genommen.
Über die im Jahre 1997 (Dezember) erbrachten Betreuungsleistungen stellte sie der X und Y insgesamt 74.895 DM in Rechnung; hiermit sollten die bei ihr entstandenen Personalkosten einschließlich eines Organisationszuschlags abgegolten werden. Weiterhin erzielte sie a...