Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Qualifizierung von Bauaufwendungen als Herstellungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Die Qualifizierung von Bauaufwendungen als Herstellungskosten richtet sich alleine nach § 255 Abs. 2 HGB, auch wenn die Aufwendungen kurz nach Erwerb des Gebäudes getätigt worden sind
Normenkette
EStG § 10e Abs. 6; HGB § 255 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Renovierungsaufwendungen der Kläger für ihr selbst genutztes Einfamilienhaus als Kosten vor Bezug nach § 10e Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig sind.
Die Kläger wurden antragsgemäß im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger erzielte als kaufmännischer Angestellter im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Mit notariellem Kaufvertrag vom Juli 1993 (Übergabe am 15. Oktober 1993) erwarben die Kläger eine Doppelhaushälfte zu einem Kaufpreis von 660.000 DM. Das Gebäude (Baujahr 1984) wurde anschließend von den Klägern vor Bezug renoviert und teilweise umgebaut. Einen Raum des Erdgeschosses (ehemals Esszimmer) bauten die Kläger zu einem Atelier bzw. einer Werkstatt für die Tätigkeit der Klägerin um.
Zusätzlich wurde das im Erdgeschoss vorhandene Gäste-WC zum Atelier hin (in den ehemaligen Vorratsraum) verlegt, um als Kundentoilette zur Verfügung zu stehen. Des Weiteren wurde ein Stichflur geschaffen. Der Eingangsbereich (Diele), das Gäste-WC und der Atelier- / Werkstattbereich wurden neu gefliest. Auf die von den Klägern im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 18. Oktober 2000 vorgelegten Grundrisszeichnungen und Ansichten wird Bezug genommen.
Im privaten Wohnbereich vergrößerten die Kläger ein Wohnzimmerfenster, welches Feuchtigkeitsschäden aufwies, durch einen kleinen Erker. Ferner ließen sie die übrigen Fenster, die ebenfalls Feuchtigkeitsschäden hatten, die Haustür und eine Kaminverkleidung instand setzen. Die an den Atelierbereich angrenzende Küche wurde neu gefliest und gekachelt. Im Dachgeschoss renovierten die Kläger die beiden (kleinen) Badezimmer, tauschten die Sanitärelemente aus bzw. bauten erstmals solche ein. Ferner ließen die Kläger im privaten Wohnbereich vorhandene braune Steckdosen und Lichtschalter durch weiße ersetzen, elektrische Leitungen erneuern und ferner einen Fernsehanschluss austauschen bzw. neu installieren. Schließlich wurden Wände und Decken neu verputzt, tapeziert und gestrichen.
Im Rahmen ihrer ESt-Erklärung für 1994 beantragten die Kläger u. a., einen auf die Renovierung des Privatbereichs entfallenden Betrag in Höhe von 95.507 DM als Vorbezugskosten i. S. d. § 10e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen. Die Aufwendungen setzen sich folgendermaßen zusammen:
Wand- und Bodenfliesenarbeiten |
9.235,-- DM |
Kaminverkleidung |
4.097,-- DM |
Elektroarbeiten |
9.029,-- DM |
Installation Fernsehkabel |
442,-- DM |
Sanitärarbeiten |
27.056,-- DM |
Malerarbeiten |
21.500,-- DM |
Arbeiten an Fenstern und Türen |
24.148,-- DM |
insgesamt |
95.507,-- DM |
Mit ESt-Bescheid für 1994 vom 17. März 1997 ließ das Finanzamt (FA) die geltend gemachten Aufwendungen unter Hinweis auf R 157 der ESt-Richtlinien (EStR) nicht gemäß § 10e Abs. 6 EStG zum Abzug zu. Die Aufwendungen seien nicht als Kosten vor Bezug, sondern als anschaffungsnahe Herstellungskosten anzusehen, da die Aufwendungen für Instandsetzungen im ersten Jahr nach der Anschaffung 20 % des Gebäudekaufpreises überstiegen hätten. Im Übrigen wird auf die Berechnung in der Anlage zum ESt-Bescheid 1994 Bezug genommen. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde vom FA am 15. Juli 1997 aus hier nicht streiterheblichen Gründen gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert.
Gegen den ESt-Bescheid 1994 vom 17. März 1997 legten die Kläger Einspruch ein. Die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 95.507 DM überstiegen nicht 20 % der Gebäude-Anschaffungskosten. Zu den Anschaffungskosten rechneten neben dem Kaufpreis auch die Anschaffungsnebenkosten. Entgegen der Auffassung des FA könnten die für die Sonderausstattung der Werkstatt angefallenen Aufwendungen (u. a. besondere Sicherheitsverglasung, feste Steinfliesen im Atelier- / Werkstattbereich, Kundentoilette) nicht in die Berechnung mit einbezogen werden, weil die Sonderausstattung ausschließlich den beruflichen Bereich der Klägerin beträfe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 1999 änderte das FA den ESt-Bescheid für 1994 aus hier nicht streiterheblichen Gründen, setzte die ESt auf 44.506 DM fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Am 8. April 1999 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Obwohl ein Teil der Kosten ausschließlich durch die erstmalige Schaffung des Atelierbereichs entstanden sei, sehe das FA auch diese Kosten als typische Renovierungskosten an und komme unzutreffenderweise zu dem Schluss, dass die gesamten Renovierungskosten einschließlich der Herstellun...