Entscheidungsstichwort (Thema)

Formelle Satzungsmäßigkeit eines Vereins

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Satzung eines Vereins genügt nicht den Anforderungen des § 60 Abs. 1 AO, wenn sich daraus nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen lässt, welche konkreten gemeinnützigen Ziele der Verein verfolgt.

 

Normenkette

AO § 52 Abs. 1, § 60 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger (Kl.) die Voraussetzungen eines gemeinnützigen Vereins erfüllt.

Der Kl. wurde im Dezember 1980 in A gegründet und am 11. Februar 1981 in das Vereinsregister eingetragen. In der Satzung heißt es zunächst auszugsweise wie folgt:

  1. Der Verein führt den Namen B.
  2. Der Verein hat das Ziel, die schöpferischen Möglichkeiten im Menschen zu fördern. Dieses Ziel wird umgesetzt durch Kurse, Seminare und Aktionen. Der Verein unterstützt das Vorhaben, ein Zentrum aufzubauen, zur Entfaltung schöpferischer Möglichkeiten.

...“

Für die Jahre 1981 und 1984 erließ das Finanzamt A jeweils Freistellungsbescheide, da der Kl. die Kunst fördere und damit als gemeinnützig anzuerkennen sei.

Im Schreiben vom 17. Dezember 1986 an den 1. Vorsitzenden des Vereins vertrat die Kulturbehörde der A die Ansicht, daß der primäre Vereinszweck nicht die Förderung der Kunst sei. Durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 10. Januar 1987 wurde Punkt 2 der Satzung wie folgt geändert:

2. Wir sind ein gemeinnütziger Verein

und fördern die schöpferische Entwicklung im Menschen.

Der Mensch kann erst im Frieden leben, wenn er im Einklang mit der Schöpfung lebt.

Wir haben den Kultur- und Kunstbetrieb verlassen, um den Ur-Kult im Menschen zu fördern.

Ur-Kult ist das ursprüngliche Bedürfnis im Menschen

sich selbst zu erkennen, sich selbst zu erleben,

und dadurch zu entwickeln.

Unsere Seminararbeit „...“ führt jeden Menschen zum ursprünglichen Wissen in sich selbst. In dieser Arbeit werden gestalterische Mittel eingesetzt, wesentlich jedoch ist die bewußseinsbildende Entwicklung. Wir helfen dem Menschen, Probleme zu lösen, um ganz zu werden. Durch die Heilung des Einzelnen gesundet die Gesellschaft. Weg und Ziel unserer Arbeit ist der schöpferische Mensch im Einklang mit der Schöpfung.

Der Verein unterstützt das Vorhaben, ein schöpferisches Zentrum aufzubauen.“

Im Freistellungsbescheid für das Kalenderjahr 1987 erkannte das Finanzamt (FA) den Kl. als gemeinnützig an aufgrund der „Förderung der schöpferischen Entwicklung im Menschen (Volksbildung)“. In einer Anlage zu diesem Bescheid heißt es folgendermaßen:

„Vorsorglich wird drauf hingewiesen, daß Zuwendungen von Seminarteilnehmern steuerlich nicht abzugsfähig sind, wenn die Zuwendungen im wirtschaftlichen Ergebnis als Entgelt für die Seminarteilnahme anzusehen sind. In diesen Fällen dürfen daher keine Spendenbescheinigungen erteilt werden. Sie werden deshalb gebeten, die vereinnahmten Spenden in Zukunft aufzuteilen in echte Spenden und Zuwendungen von Seminarteilnehmern.“

Mit dem gleichen Förderungszweck sah das Finanzamt A den Kl. auch für die Jahre 1988 bis 1990 als gemeinnützig an (Freistellungsbescheid vom 24. Juni 1992). Das Finanzamt verwies hierbei in einer Anlage zum Bescheid lediglich auf das Erfordernis einer zeitnahen Verwendung der Mittel für satzungsmäßige Zwecke und die sich daraus ergebenden Voraussetzungen für eine steuerunschädliche Rücklagenbildung.

Der Kl. ist Träger des „C“. Dort finden „schöpferische Seminare“ und Meditationsgruppen statt. Dieses Zentrum befindet sich in D. Das Büro mit der gesamten Buchhaltung befand sich bis 1995 in A, heute befindet es sich in D. Für die Mitglieder in A hatte der Kl. Gruppen zur Entwicklung des schöpferischen Bewusstseins bis Ende 1999.

Im Rahmen der Überprüfung der Gemeinnützigkeit des Kl. für das Jahr 1993 stellte das Finanzamt A nach verschiedenen Ermittlungen fest, dass für die Besteuerung des Kl. nunmehr das FA in E zuständig ist.

Das FA E informierte den Kl. im Schreiben vom 30. Oktober 1995 über die Zuständigkeit und bat für die Einnahme- und Ausgabenrechnung der Jahre 1991 bis 1993 um Nachreichung der Abrechnung für den Küchenbetrieb. Gleichzeitig fragte das FA an, ob ggf. weitere Einnahmen und Ausgaben in den Abrechnungen nicht enthalten seien.

Der Kl. teilte daraufhin mit, dass der damals zuständige Sachbearbeiter des Finanzamts in A aufgrund des geringen Tagessatzes von 25 DM für Verpflegung und Haus eine Abrechnung für die Küche erlassen hätte. Deshalb seien keine Belege für die anfallenden Verpflegungskosten aufbewahrt worden. Durch die noch seit Anfang 1993 vorhandenen Teilnehmerlisten und den gültigen Tagessatz habe die Höhe der Einnahmen für Haus und Verpflegung pro Seminar ermittelt werden können. Da immer nach jedem Seminar - nach Abzug der jeweiligen Verpflegungskosten - der Rest der eingenommenen Gelder für Verpflegung und Haus auf das Konto eingezahlt worden sei, hätten die Ausgaben für die Küche rekonstruiert werden können. Diese Einzahlungen seien bereits in der Einnahme- / Überschussrechnung 1993 enthalten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheite...

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